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Foetus in Foeto – der Extremfall Siamesischer Zwillinge
Gaia und der Wendepunkt der Zugewinnfunktion
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Warum hat sie das bloß gemacht?

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Weitere Sinnierereien aus dem Nirvana

Foetus in Foeto – der Extremfall Siamesischer Zwillinge

Albert Einstein:
Der Herr Gott ist raffiniert, aber boshaft ist Er nicht.

Ob Einstein das noch sagen würde, wenn er von den Föten in Föten gewusst hätte?

Was das überhaupt ist? Es ist eine Extremform von Siamesischen Zwillingen, bei der der eine Zwilling durch eine Beschädigung nicht stark genug war, sich gegenüber dem andere zu behaupten – und von diesem verschluckt wird.

Tatsache.

Es sollen ja viele Menschen „zu Anfang“ Zwillinge gehabt haben, jede 8. (?) Schwangerschaft soll angeblich im Doppel gestartet sein, hieß es in einer Discovery-Reportage, doch nur ca. 10% davon endet auch so: Die meisten Zwillingspärchen weisen wohl eine ungenügende Teilung auf, sodass ein Geschwisterchen stirbt und vom mütterlichen Organismus sauber entsorgt wird. Warum sauber? Weil sonst das tote Gewebe wohl zu höchst ungesunden Rückständen führen müsste...

Eklig.

Genauso eklig, wie die Föten in Föten (auch fetus in feto) – es sind halbfertige menschenähnliche Gebilde ohne Herz und Hirn, die sich irgendwie an den Organismus des gesunden Geschwisterchens ankoppeln konnten und deshalb überlebten. Es sind Lebewesen, die mit den diversen Abarten der Ripley aus „Alien IV - Die Wiedergeburt“ so abstoßend viel Ähnlichkeit aufweisen, dass einem nur noch der Gedanke „Monster“ in den Sinn kommt.

Und das Schlimmste?

Sie bewegen sich.

In der Discovery-Reportage („Der Junge, der seinen Bruder gebar“) waren Ultraschall-Aufnahmen einer Amerikanerin zu sehen, bei der im Bauch des gesunden Embryos deutlich ein dunkler Bereich zu erkennen war: die „innere Fruchtblase“, in der der zweite, deformierte Embryo lebte und durch eine Nabelschnur mit dem äußeren verbunden war.

Und seine Beine bewegten sich.

Er hatte kein Hirn und kein Herz, aber seine Beine bewegten sich.

In Kasachstan lebte ein Junge gar sieben Jahre mit einem solchen „Bruder“. Sein Bauch wurde dicker und dicker, während die beiden wuchsen, doch in den ländlichen Gebieten mit ihren frauenfeindlichen Sitten verdrängten die Menschen diese Beobachtung. Diejenigen, die für die Betreuung des Kindes zuständig waren und denen auch die nötige „Kompetenz“ zugesprochen wurde wie Mutter, Oma oder Tante, legten sich tausend Möglichkeiten zurecht, um das Kind nicht als „behindert“ einstufen zu müssen. Das wäre nämlich als „genetischer Defekt“ die Schuld der Mutter gewesen und hätte die Scheidung, sprich den Ausstoß aus der Familie, zur Folge gehabt. Auf Zucht ausgelegte Kulturen sehen Dinge ein wenig anders als wir.

Dass der Junge diese Frauenfeindlichkeit indirekt ausbaden musste, ist somit sehr leicht verständlich – was weniger verständlich ist, ist, dass er es konnte. Sieben Jahre trug er einen zweiten Organismus in seinem Bauch, ohne dass einer der beiden verstarb und den anderen damit in den Tod mitgerissen hätte, bis endlich ein Arzt ihn zu Gesicht bekam und sofort ins Krankenhaus einlieferte. Dort wurde ihm in einer stundenlangen Operation der mit vielen Adern verbundene „Tumor“ entfernt, was ihm zu einem gesunden, normalen Leben verhalf, den Ärzten jedoch einen Schock versetzte. Denn als sie den Tumor untersuchten, der von einer recht harten Außenhaut umgeben war, fanden sie Haare vor und etwas, was wie Zehen aussah. Die kanadische Spezialistin für Problemfälle in Zwillingsschwangerschaften konnte dann deutlich Beine und Arme ausmachen und sogar den Rest eines quasimodo-ähnlichen Gesichts, bei dem sie sogar kleine runde Dinge als Augen identifizierte. Ein dunkles, faltiges Gebilde, so groß fast wie die Beine, war wohl der Hodensack – es war ein Junge gewesen. Das jedoch lag in der Natur der Sache, denn solche Fälle entspringen zumeist einer unglücklichen Teilung der Eizelle, aus der in den glücklichen Fällen zwei gesunde eineiige Zwillinge hervorgehen.

Noch einen anderen, Fast-Fötus-in-Föto-Fall dokumentierte die Reportage. In England war bei einer Zwillingsschwangerschaft festgestellt worden, dass einer der Zwillinge ebenfalls deformiert war, ebenfalls weder Herz noch Hirn besaß und nur dadurch überlebt hatte, dass ihn eine Nabelschnur mit seinem gesunden Bruder verband. Dessen Herz war durch die Doppelbelastung freilich so stark gefährdet, dass die Eltern sich zu einer gewagten Operation entschlossen: die Durchtrennung der Nabelschnur des Behinderten. Gewagt war die Operation deshalb, weil beide Embryos sich bewegten und weil der Laser sehr wohl auch wichtige Körperteile des gesunden hätte verletzen können. Auch hätte der Blutverlust, der dem Gesunden durch die Öffnung der Verbindung zum Missgebildeten zugefügt wurde, gefährlich werden können. Bis zum Ende der Aufnahmearbeiten schien jedoch alles gut verlaufen zu sein, die Mutter sprach recht zuversichtlich über die Zukunft ihres Sohnes...

und über den toten Embryo, der wochenlang in ihrem Bauch lag, bis der Kaiserschnitt sie davon erlöste.

Eklig.

Und beunruhigend. Denn obwohl Körper ohne Kopf und Herz nicht selbst leben können, so haben sie doch genügend Ähnlichkeit mit einem echten Menschen, um verstörend zu wirken. Natürlich käme kein Arzt auf die Idee, solche Organismen nicht aus dem Bauch der Brüder zu entfernen – die Ähnlichkeit mit einer Schwangerschaft und mit einem „Baby“ ist jedoch so unglaublich, dass es tatsächlich zu einer „Abtreibung eines entwickelten Lebewesens“ wird. Denn entwickelt sind sie. Sie haben Beine und Zehen, Rücken und mehr oder minder gut ausgebildete Arme und Köpfe.

Und sie bewegen sich.

Sie leben.

Sie könnten nie isoliert leben, doch im Bauch eines anderen Lebewesens tun sie es.

Wer die Diskussionen über „normale Abtreibungen“ kennt, weiß, wie oft Gott darin als Verursacher der Schwangerschaften angesehen wird, weshalb eine „Einmischung“ der Mütter in sein göttliches Werk nicht geduldet werden kann – sollte dies auch Einstein geglaubt haben, hätten diese Lebewesen ihm wohl echte Probleme bereiten müssen.

Wie viel leichter haben es da Leute, die die Evolution mehr in den Vordergrund des Geschehens rücken?

Die kanadische Pathologin brachte dies deutlich auf den Punkt: Die menschliche Fortpflanzung ist so komplex, dass furchtbar viel schief gehen kann.

So viel, dass die meisten der befruchteten Eier niemals zu Menschen werden, dass sie oft als Doppel starten und als Einzel enden, dass sie zu diversen mehr oder minder furchtbaren Missbildungen führen und dass sie siamesische Zwillinge kennen, die über alle denkbaren äußeren Körperteile miteinander verbunden sind bis zum Extremfall, dass einer vom anderen gar eingeschlossen wird: Fötus in Föto.

Gerade diese siamesischen Zwillinge berühren dabei unser Ego besonders, denn sie zeigen uns die Grenzen der Menschlichkeit.

Die beiden Schwestern aus dem Iran, die kürzlich lieber starben als weiter am Kopf zusammengefesselt zu sein, waren ganz deutlich, ganz offensichtlich hoch gebildete, sehr kultivierte, sehr seelenvolle, liebe Menschen.

Doch wäre bei ihrer Embryonalentwicklung die Teilung noch unvollständiger gewesen, hätte eine gar kein Gehirn besessen, wäre eine nur Arme und Beine gewesen.

Kein Gehirn, keine Seele.

Aus demselben Bauplan. Aus denselben Genen.

Dass genetische Defekte unsere Körper verunstalten können, wissen wir längst – aber dieser Fall Fötus-in-Föto zeigt auf, dass genetische Qualität auch noch längst nicht heißt, dass alles glatt verläuft.

Denn Leben ist Informationsverarbeitung.

Nicht nur Daten, sprich Gene.

Und Information ist Prozess – regelmäßiger, identifizierbarer Prozess, der über Zustände und deren Anordnung als Anfangs- und Endzustand gekennzeichnet werden kann. Genau das tun die Gene: Sie speichern „Anfangszustände“, die über die informative Dynamik der Eizelle zu erwünschten Endzuständen führt, die wiederum als Anfangszustände in weiteren Zellprozessen verwendet wird, um zu weiteren Endzuständen umgesetzt zu werden. In endlosen Ketten wird über die Dynamik der Zelle der Körper aus der ersten Zelle mit ihrem ersten Gen-Anfangs-Zustand erbaut.

Wer sich das vor Augen hält, wundert sich nicht mehr über den Fötus in Föto, sondern eigentlich viel mehr darüber, dass soviel gesunde Kinder geboren werden. Denn Information ist bestimmt durch einen regelmäßigen Prozess, der aus definierten Anfangszuständen definierte Endzustände erzeugt, aus Abläufen, nicht aus Zuständen, aus Veränderung, nicht aus Stabilität.

Gerade Föten in Föten beweisen auch, dass der „definierte Anfangszustand“ selbst im abgeschlossenen Mutterleib eine heikle Sache ist. Eine Eizelle teilt sich nicht nur zu einem Organismus, sondern zu zwei, das jedoch nicht vollständig, sodass einer zwar gesund sein kann, der nächste freilich trotz gesunder Gene nur ein halber Mensch wird.

Der Anfangszustand, auf den die informativen Prozesse der menschlichen Fortpflanzung treffen, ist nämlich nicht nur das Genom – es ist auch die Chemie und Zelldynamik der Mutter und die aktuelle Situation, in der sie sich befindet. Das ist ein letztendlich nie definierbarer Zustand.

Die ganze Realität, die wir als Informationsverarbeitungen zu berücksichtigen haben, ist indessen voller unendlicher Zustände – dass sie überhaupt modellierbar ist, verdankt sie der „Gewichtung“ von Zuständen über ihre Wahrscheinlichkeit des Auftretens. „Die Modellierbarkeit einer „eigentlich unendlichen“ Realität heißt aber, dass die Zustände, die tatsächlich realisiert werden in dieser Umwelt, nur ein Teilbereich sind, der fassbar geworden ist, also letztendlich „endlich“, egal wie groß diese Endlichkeit auch sein mag. Es heißt nicht, dass die nicht realisierten Zustände ausgelöscht sind, sie sind nur, wie beim Hütchenspiel, durch die inneren Abhängigkeiten „außer Kraft“ gesetzt.“

Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens wird jedoch durch Vorhandensein von Information gesteigert:

Physik der Information, ISBN 3-935031-03-3,
Abbildungsstrategien, S. 82

„Das Paradox zeigt damit auch den Zusammenhang zwischen Information und Wahrscheinlichkeit von Zuständen, der in der Informationstheorie seit Shannon postuliert wird: gleichwahrscheinlich sind Zustände im Falle, dass nichts bekannt ist, doch je mehr Information über ein Verhalten zur Verfügung steht, umso höher fällt die Wahrscheinlichkeit für einzelne Zustände aus.

Doch Vorsicht: das widerspricht nur auf den ersten Blick der Shannon-Formel, die von unwahrscheinlichen Zuständen als Informationsträger ausgeht, also davon, dass mehr Information in einem Zustand verborgen ist, je niedriger seine Wahrscheinlichkeit ist. Je mehr Information in einem Zustand steckt, umso höher fällt zwar die Wahrscheinlichkeit für sein Auftreten aus, die Anzahl der Zustände wird dadurch indessen nicht verändert.“

Entstehungsgrund, S. 189

Bertrands Paradox zeigt nun aber die Bedeutung von Information auf, die messbar Wahrscheinlichkeiten verbessert für das Auftreten bestimmter Zustände und damit auch die Verbesserung von Planbarkeit“

Das heißt einfach, dass Realitäten, in denen viel Information enthalten ist, ein „Übermaß“ an Zuständen aufweisen, die Teil dieser informativen Prozesse sind. Die übrigen Zustände treten dann so selten auf, dass die Realität „modellierbar“ wird: Informationsverarbeitungen können sich auf diese informativen Zustände zurückziehen und damit rechnen, dass sie, wenn auch nicht immer, dann doch häufig genug vorkommen, um sich darauf verlassen zu können.

Diese Zustände können dann von einer Informationsverarbeitung als „definiert genug“ angesehen werden, um in die eigenen Prozesse als „Anfangszustände“ integriert zu werden.

Ein mütterlicher Körper ist selbst eine Informationsverarbeitung, also bietet er eine Realität an, die hochgradig von Information geprägt ist – die Zustände, die für eine geglückte Schwangerschaft nötig sind, treten so häufig auf, dass es zumeist zu gesunden Kindern kommt.

Doch dann gibt es eben die Ausnahmen: eine Krankheit, etwas Falsches gegessen, ein Stoß zur unrechten Zeit mögen genau dann auftreten, wenn ein neuer Prozess in Gang tritt, wenn ein Anfangszustand für die weitere Entwicklung maßgeblich ist. Und anstelle einer vollständigen Teilung von Zellen findet nur eine teilweise statt.

Die korrekte Beherrschung von Information ist die treibende Kraft hinter dem explosionsartigen Wachstum des menschlichen Gehirns in den letzten Millionen von Jahren gewesen, weil es das Überleben in einer unübersichtlichen, praktisch unendlichen Realität fördert, je mehr Information verarbeitet werden kann.

Wer einmal solch ein „falsches Ergebnis“ einer Informationsverarbeitung wie einen Fötus in Föto gesehen hat, weiß, warum das Gehirn so begierig darauf ist, immer noch mehr Information, noch mehr Zustände sauber zu beherrschen.

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Gaia und der Wendepunkt der Zugewinnfunktion

Physik ist kein Gott, der sich mit Unterwerfungsgesten manipulieren lässt – nicht mal mit Bestechungsgeldern. Die Natur mag großzügig sein, doch vergesslich ist sie nicht.

Wieder hat mich eine Reportage im Fernsehen zum Grübeln gebracht. War sicher wieder auf Discovery, kann mich freilich nicht mehr erinnern: Es ging um das Erdmagnetfeld, das alle 200.000 Jahre den Nordpol wechselt, nachdem einige Zeit chaotischer, praktisch magnetfeldfreier Jahrtausende voranging. Anstatt eine schöne große Schwingung zu bilden, formen die Strömungen im flüssigen Erdkern dann wohl viele kleine „Stromkreise“ und damit viele Magnetpole statt nur der beiden heute bekannten und erst, wenn diese kleinen Kreise sich wieder zu einer großen Schwingung vereinen, kehren die Pole an Nord und Süd zurück. Vor ca. 780.000 Jahren soll dies zum letzten Mal geschehen sein, die Umkehr ist also überfällig. Andererseits sinkt gerade jetzt die Stärke des Erdmagnetfeldes ab, wie es vor einer Umkehr zu erwarten wäre.

Ich glaube, niemand wird mir esoterische Anwallungen unterstellen – für mich ist das Bewusstsein eine wundervolle, genial ausgeklügelte Methode, Wissen und Intelligenz wohl via Interferenz von Wellenphänomenen zu produzieren, sodass die abgebildete Welt sich zu verselbständigen scheint und die Integration des abbildenden Systems in diese Abbildung sich selbst erkennt als Ego. Und für mich ist dies, die Erfindung des Ego, eigentlich nicht viel anderes als die Dualität der Sensoren Augen oder Ohren auf der körperlichen Ebene: Telemetrie durch Bestimmung und Ausnutzung der eigenen Position. So wie die Abweichung der eingehenden Signale von linkem und rechtem Auge für trigonometrische Berechnungen ausgewertet werden kann, so kann auf der regelbasierten Ebene des Gehirns auch die eigene Position verwendet werden, um die eigenen Wünsche, Vorstellungen und Bedürfnisse zu klären und somit die Zielvorgabe zu präzisieren. Denn ohne Ziele kann keine Informationsverarbeitung (IV) mit der gewaltigen Masse an Ereignissen fertig werden, die auf sie einstürmen, sie muss immer und überall auswählen, um nurmehr einen verarbeitbaren Anteil an „Realität“ in das System zu lassen – ansonsten würde es nämlich schlicht überlastet.

Physik der Information, ISBN 3-935031-03-3,
Entstehungsgrund, S. 191

„Eine Voraussetzung ist dabei implizit für jede Informationsverarbeitung gegeben – ihre endlichen Ressourcen zwingen sie immer, Auswahlen zu treffen, denn selbst die Mathematik vermag kein allmächtiges Axiomensystem zu erstellen. Jede Informationsverarbeitung braucht also ein Ziel als Positionierungselement in der Unendlichkeit der Details wie eine Boje im Meer – an dem sich die Masse erkennbarer Wertveränderungen teilt, um zu einer endlichen, verarbeitbaren Anzahl von Ereignissen reduziert zu werden.“

Je genauer also die eigenen Ziele (und Ressourcen) bekannt sind, umso effektiver können äußere Ereignisse ausgewählt und beurteilt werden im Sinne der eigenen Interessen.

Sich selbst abzubilden, ist schließlich keine Erfindung des Gehirns. Jede DNA ist eine solche Abbildung des eigenen körperlichen Selbst und dient längst nicht nur zur Fortpflanzung, sondern vor allem zur eigenen Funktionsfähigkeit, denn unser Körper ist ebenfalls eine IV, nichts Stabiles, nichts, was in Stein gemeißelt ist. Keine Zelle außer Neuronen und Eizellen lebt auch nur annähernd solange, wie „wir selbst“ als Ganzes es tun und der dafür nötige ständige Reproduktionsprozess gehört ebenfalls zum Zuständigkeitsbereich der DNA.

Aber für das Gehirn hat es sogar noch einen weiteren großen Vorteil, im (möglichst exakten) Abbild der umgebenden Realität auch ein (möglichst exaktes) Abbild von sich selbst aufzubewahren – um den Überblick zu behalten, was im Ergebnis der Verarbeitung enthalten ist. Jede Information ist letztendlich das Ergebnis aus externen Signalen, die Mustererkennung und Erinnerung unterworfen und anhand der eigenen Ziele beurteilt und weitergereicht werden. In jeder so aufbereiteten Information steckt also immer viel Hypothese drin, die aus der eigenen Erinnerung als Hilfsmittel eingeflossen ist. Diese wieder sauber eliminieren zu können, heißt schlicht, zu wissen, was tatsächlich „von draußen“ kam.

Das ist bei hoch entwickelten Informationsverarbeitungen schließlich immer ein Problem, denn je mehr Intelligenz eine IV in ihre Informationsgewinnung steckt, umso mehr eigene Erfahrung steckt in der Aufbereitung. Liegen hier Fehler vor, werden sie durch die vielen Ebenen der Informationsgewinnung exponentiell verschärft. Cui bono muss somit im Falle aktiver IVs, wie unser Gehirn es ist, immer mitberücksichtigt werden, weil auch Ziele „Information über das Gesamtsystem“ darstellen und damit (Stichwort Bertrands Paradox) die Prognose über das Verhalten verbessern. Und das muss eben nicht nur beim Verhalten „fremder“ IVs mit einkalkuliert werden, sondern auch beim eigenen. Unser Gehirn hat schließlich die Aufgabe, der Realität bestangepasste Entscheidungen zu treffen, um die eigenen Interessen effizient zu vertreten – es wurde nicht dazu gemacht, Wunschvorstellungen zu produzieren, die im nächsten Moment mit der Realität in Konflikt geraten. Das Gehirn nutzt also die „Positionierung“ durch das Ego, um seine Ergebnisse auch wieder kontrollieren zu können, um sozusagen die eigenen Wünsche wieder herauszurechnen aus den „Weltvorstellungen“, die aus den äußeren Ereignissen aufgenommen und aufbereitet wurden.

Ob wir diese raffinierte Methodik jemals durchschauen? Würde ich sicher keine Wette darauf abschließen, doch das ist prinzipiell etwas völlig anderes als zu behaupten, dass es nicht möglich ist, weil das Bewusstsein nicht physikalisch erklärbar sei, sondern etwas Esoterisches, Außerweltliches an sich hätte.

Auch Aberglauben lässt sich durch Information prächtig erklären – und zwar durch die Probleme, die sie jeder Informationsverarbeitung macht, weil sie dynamisch ist, weil sie zuerst immer Veränderung ist, dann erst Regelmäßigkeit und Identifizierbarkeit. Deshalb ist jedes Wissen über Information immer spekulativ, weil es aus der Vergangenheit aufgebaut in die Zukunft extrapoliert, ohne die Gewissheit zu haben, dass diese Veränderung auch tatsächlich Information ist – oder dass diese Information tatsächlich auch in der Zukunft Bestand hat. Denn diese Welt ist aus dem Rauschen geboren, nicht aus der Ewigkeit der Konstanz, sie ist wie Information immer zuerst Veränderung, dann erst Beständigkeit, weil sie wohl aus nichts weiter als stehenden Wellen besteht, die irgendwann immer wieder zusammenbrechen: wie der Golfstrom, wie das Erdmagnetfeld.

Vielleicht haben die beiden Welten außen und innen in unserem Kopf deshalb weitaus mehr Ähnlichkeit miteinander, als viele wahrhaben – beide sind aus stehenden Wellen erbaut, die miteinander zu den komplexesten Figuren interferieren können, wobei unser Gehirn dabei eine unglaubliche Perfektion gefunden zu haben scheint, seine Wellenfronten mit der Realität abzugleichen.

Dabei tut es prinzipiell nicht viel mehr als Ereignisse zeit- und artgenau mit seinen Sensoren wahrzunehmen, sie zu sortieren nach Art und Zeit via Gleichzeitigkeits- und Gleichartigkeitshypothese und diese gemusterten Zeitscheiben dann einerseits abzuspeichern, andererseits zu bewerten durch Vergleich mit bereits gespeicherten Zeitscheiben.

Und hier liegt denn auch das Problem. Denn nicht alles, was grün ist, ist eine Pflanze und nicht alles, was zur selben Zeit geschieht, hat wirklich etwas miteinander zu tun. Aber weil es Ordnung im Chaos schafft und deshalb die notwendige Voraussetzung dafür ist, dass Wirrwarr überhaupt in einer Abbildung fixiert werden kann, ist es auch die einzige Möglichkeit, aus einem Bombardement von Signalen „Greifbarkeit“ zu erzeugen. Das Riesenproblem dabei ist, dass die Veränderlichkeit unserer Welt eine Kontrolle jedoch reichlich schwierig macht, denn der Schnappschuss, den wir über unsere Sensoren von „draußen“ eingefangen haben, zeigt eine Welt, die im nächsten Augenblick schon anders aussieht. Wir können also nicht einfach hingehen und ein zweites Foto schießen, um zu prüfen, ob wir alles aufgefangen haben oder ob wir Fehler machten. Das lässt sich nur noch durch Vergleich mit unserer eigenen Erinnerung prüfen – passt es, wirkt es seltsam, kann dies sein, ist das überhaupt möglich?

Zu jeder Intelligenz gehört deshalb auch Selbstkritik. Dem Gehirn ist dies „zur zweiten Natur“ geworden, denn genau dies ist es, was die jüngere Psychologie uns klargemacht hat: Wir haben keine Erinnerung wie ein Computer, fest gemauert in der Erden. Unsere Erinnerung fluktuiert mit jedem neuen Ereignis und das ist gut so, weil jedes neue Ereignis unserem Gehirn zeigt, ob seine früheren Berechnungen korrekt waren oder eben angepasst werden müssen. Unsere Erinnerung ist schließlich nicht Selbstzweck, sie ist „Wissen“ und nur zu diesem Zweck auch „Speicher“.

Doch alles, was mit Information zu tun hat, hat immer zwei Seiten: Weil unsere Erinnerung ständig hinzulernt und deshalb ständig „alte Abbildungen“ umsortiert, um die richtigen Zusammenhänge in den Griff zu bekommen (Information ist Veränderung und deshalb nur über die Reihenfolge der Zustände fassbar, nie über die Zustände selbst), ist unsere Intelligenz so mächtig: Sie ist immer aktuell.

Wenn wir freilich die Selbstkritik vergessen (was das Gehirn selbst nie tut) und anfangen „zu glauben“, dann sortieren wir unsere Erinnerung nicht mehr nach den äußeren Gegebenheiten, sondern nach den eigenen Wünschen. Das geht problemlos, denn unsere „Welt“ ist nichts weiter als eine Abbildung und selbst unser „Ego“ ist nichts weiter als das – und wenn wir bereit sind, mit Falschfarben zu malen, dann kriegen wir eben ein auch falsches Bild.

Das ist nicht nur so bei Schuldgefühlen, die sich fast beliebig von anderen Menschen einreden lassen und die tatsächlich sogar fähig sind, die Erinnerung „neu“ zu gestalten, das funktioniert bereits auf der ersten Ebene der Informationsaufbereitung: Wenn wir zwei Ereignisse gleichzeitig aufnehmen, gehen wir davon aus, dass sie zwei verschiedene Wirkungen einer gemeinsamen Ursache sind. Das ist die Gleichzeitigkeitshypothese und der einzige Weg, überhaupt logische Zusammenhänge in unserer Umgebung festzustellen.

Aber es ist nur eine Hypothese und muss deshalb überprüft werden – und überprüft werden – und überprüft werden...

wie es das Gehirn tut, sogar mit Erinnerungen, die bis in die Kindheit zurück reichen.

Wer das nicht tut, sieht schnell Zusammenhänge, wo keine sind. So werden Vogelflug-Manöver zu Vorboten von Ereignissen, weil irgendjemand eine bestimmte Flugfigur sah, während gleichzeitig auf Erden etwas geschah oder Kaffeesatz, der vage aussieht wie ein Kind, wird mit der Frau in Verbindung gebracht, die hereinkommt und erzählt, sie sei schwanger.

Das Problem dabei ist, dass unser Gehirn so mächtig ist, dass es höchst komplexe Zusammenhänge durchschauen kann – und je komplexer, umso schwerer zu beweisen oder zu widerlegen. Das ist es, was uns manchmal das Gefühl gibt, dass wir „Vorahnungen“ haben, denen wir nicht ganz trauen und nicht ganz misstrauen.

Solch ein merkwürdig vages Gefühl hat mir auch diese Reportage über das Erdmagnetfeld gegeben. Ungefähr alle 200.000 Jahre kippt es, doch in den letzten vier Zyklen blieb es stabil. Und gerade in dieser Zeit nach der Erfindung der Landwirtschaft, in der die Menschen den Wendepunkt der Zugewinnfunktion der Intelligenz überschritten haben und sich rückwärts entwickeln, ihre Verantwortung kollektiv an Kirche und Staat abgeben und sich nicht mehr der gewaltigen Aufgabe stellen, den eigenen Bockmist auch wieder in den Griff zu kriegen, in der die einzige Form, die intelligente, effiziente Informationsverarbeitung erlaubt – die Demokratie als zwar hierarchisch gestaffelte, aber prinzipiell gleichmäßig belastende und verantwortliche Arbeitsteilung - in immer kürzen Zeiträumen (Ägypten, Rom, Amerika) von einer totalitären Aristokratie abgelöst wird, wie es die Verdoppelungsphase der Chaostheorie vor dem Zusammenbruch eines komplexen Systems voraussagt...

in genau dieser Zeit baut das Erdmagnetfeld ab und wird uns für ein paar Tausend Jahre der Strahlung überlassen, die nicht nur den Krebstod fördert, sondern auch die Mutationsrate.

Wäre dies ein Fantasy-Roman, würde ich es so ausdrücken: Gaia verweigert uns den Schutz, den sie uns vier Zyklen lang (800.000 Jahre) zuteil werden ließ, um unserer Intelligenz Zeit zu geben, sich über die Lernfähigkeit unseres Gehirns zu entwickeln und um nichts zu riskieren durch schädliche Mutationen.

Sie hat es wohl aufgegeben, an uns zu glauben und will nun selbst wieder – via Mutation – an uns herumbasteln. Kann kaum schlechter werden als das, was wir uns nach all den hoffnungsvollen Anfängen an Kultur, Medizin und Wissenschaft erlaubt haben, um heute zu nichts weiter als zu vermeintlich unbesiegbaren Massenmördern und Folterern zu werden, die sich dazu noch als die jeweiligen Herrenrassen sehen, die nicht nur ihre eigenen Mütter und Töchter als „gebräuchliche Ware“ nur zum eigenen Nutzen „gebrauchen“, sondern sogar Kinder verkaufen in Sklaverei und Prostitution, während Anstand, Ehrlichkeit und Verantwortungsgefühl zur Dummheit verkommen sind, weil sie „die Starken“ am perfekten Schmarotzen oder gar an ungehemmter Selbstbedienung auf Kosten anderer nur „hindern“: nice guys finish last.

Wir sind zu Bandwürmern verkommen, die mit der Welt, die sie erschaffen haben, nicht mehr fertig werden und uns deshalb darauf konzentrieren, unsere eigene Rasse auszusaugen, völlig blind gegenüber der Welt, die uns geboren, aufgezogen und genährt hat, als Menschheit und als Einzelperson.

Kein Wunder, dass Gaia mit solchen Parasiten nichts mehr zu tun haben will.

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Profit, Profit über alles

Glaube hat noch nie Berge versetzt
- höchstens Misthaufen.

Schon wieder etwas in der Zeitung über Microsoft®: Sie werden – natürlich – ein ERP-System aus dem Ärmel schütteln, neu, modern, zukunftsweisend, wie MS es selbst – natürlich – schon immer war, wenn sie endlich ihr neues, modernes, zukunftsweisendes Betriebssystem zum Laufen bringen.

Und sie werden den alten ERP-Leuten zeigen, wo es lang geht, denn sie werden ein ERP von der Stange für den Mittelstand zaubern. Der kann dann per Katalog bestellen, ein bisschen Lagerverwaltung, ein bisschen Einkauf und ein hübsches, kleines CRM für die Vertreter.

In Dänemark, dem Land der betriebswirtschaftlichen Software, die sich MS erst kürzlich einverleibte, soll dies sogar funktioniert haben. Dort soll der untere Mittelstand tatsächlich das ERP von der Stange im großen Stil angenommen haben.

Haben wir alten Hasen dann umzudenken? ERP als Butterbrot-Software, die von der CD herunter geladen wird und von den Anwendern zu akzeptieren ist, wie sie ist?

Haben wir die ganzen Jahre unsere Anwender nur verwöhnt?

Oder hatten unsere Anwender nicht doch Recht, wenn sie ihr „Gehirn“, ihre betriebswirtschaftliche Software, die ihren ganzen Betrieb am Laufen halten musste, auf ihre eigenen Bedürfnisse und Besonderheiten zuschneiden wollten? Hatten unsere Anwender nicht doch Recht, wenn sie die „Maschine“ den Menschen anpassten und nicht umgekehrt von den Menschen verlangten, sich an die Maschine anzupassen? Die Maschine ist weitaus beschränkter als Menschen und wird es auch eine ganze Weile noch sein – warum also die höheren Fähigkeiten zugunsten der niedrigeren fesseln?

Oder sind das keine Fragen mehr, die man im modernen „rückwärts“ gerichteten Arbeitsklima noch stellt? In der CW 29/2004, S. 40, wurde es auf den Punkt gebracht, dass „zurück“ das am häufigsten verwendete Wort heute sei. Stimmt schon, wie? Zurück zu alten, höheren Arbeitszeiten, zurück zu alten, kümmerlicheren Sozialsystemen, zurück zu alten, niedrigeren Löhnen – zurück zu der alten, guten deutschen Tradition, dass der Unternehmer noch mitten im Gewühl kräftig mit anpackt und an vorderster Front beim Arbeiten steht? Davon hörte ich nichts, las ich nichts. Echte Unternehmer gibt es auch kaum noch und da will auch keiner mehr „zurück“ – zurück in die Zeiten, als die Bosse noch Verantwortung trugen, als die Bosse noch weniger Geld bekamen, wenn sie wegen Fehlentscheidungen der Firma Schaden zufügten (weil es noch ihre eigene war, die sie nicht alle paar Jahre für einen Karriereschub wechselten)? Die noch Konsequenzen trugen, nicht so wie im Augenblick die Autofirmen mit ihren falschen Entscheidungen für Fusionen mit ausländischen Firmen oder mit der Produktpalette für Autos, die keiner kauft, den Marktwert der Firma rapide absenken, ihre Gewinne reduzieren und das dann mit Massenentlassungen zu vertuschen suchen? Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen?

Nein, in die alten Zeiten der Verantwortung wollen wir nicht zurück, nicht wahr? Zweistellige Zuwachsraten für mich selbst und das ohne Haftung – das muss schon drin sein für die glorreichen Denker und Führer, dafür müssen die anderen eben „zurück“, wenn’s sein muss, zurück bis ins Mittelalter. Arbeitsproduktivität? Wen interessiert die denn, wenn du wieder „Führer“ sein darfst mit all diesen hormonellen Glücksgefühlen, der Alpha zu sein?

Wen interessiert es, dass die faulen Deutschen in ihren 39,9 Wochenstunden pro Stunde 106,80 Euro erwirtschaften, während die fleißigen Briten in ihren 43,3 Stunde pro Stunde nur 85,50 Euro beischaffen? Das faule Deutschland schlägt das fleißige Britannien damit um über 500 Euro die Woche!

Hallo Zeitungen, hallo Medien, die ihr dem Geld nach dem Munde redet – wo bleiben diese Zahlen denn?

Wer von euch fragt denn, wer diese 500 Euro mehr wöchentlich pro Durchschnittsarbeitnehmer wohl verschleudert, wenn Deutschlands Wirtschaft so arm dran ist?

Ist es nicht merkwürdig, dass die Rechnerei hier so gar nicht durchgeführt wird? Und auf der Seite der Regression ins Mittelalter mit Nachkommastellen gearbeitet wird, um die These des „faulen Deutschlands“ pseudo-objektiv zu untermauern?

Menschen sind als Kapital denn auch nur Ressourcen, der Trend zum RTE reduziert sie zwangsweise zu „Komponenten“, die Planbarkeit der globalisierten Gesellschaft muss jegliche Individualität auf kultureller und persönlicher Ebene „aus dem Modell entfernen“ – alles im Namen des Profits.

Microsoft hat deshalb wohl absolut Recht, wenn es davon ausgeht, dass auch die Individualität der Betriebe „nur kostet“ und deshalb eliminiert werden muss durch ein „Gehirn von der Stange“.

Alle Firmen im Gleichtakt – die Software-Hersteller wird’s freuen.

Nur Frage: Woher soll dann eigentlich noch das Produkt seine Individualität beziehen, die es auf dem Markt verkäuflich macht? Geben wir das auch auf und produzieren nur noch Billig-Massengüter?

Keine Ferraris mehr, nur Toyotas? Keine Fünf-Sterne-Restaurants mehr, nur Fast-Food-Ketten? Keine freundliche Beratung im Fachgeschäft mehr, nur Schlangestehen im Discounter? Keine Ware mehr, die auch morgen noch funktioniert, nur noch Einweg-Schund? Keine hochwertigen, gesunden Nahrungsmittel mehr, nur undefinierbares Futter für die Masse?

Und wie geht’s weiter?

Keine fürsorglichen Schwestern am Krankenbett mehr, nur noch Fließband-Patienten? Keine kleinen Schulklassen mehr und Lehrer, die Klassen durch viele Jahre hindurch begleiten und kennen, nur noch Zeitarbeitsverträge in Massenerziehungssystemen?

Keine Menschlichkeit mehr, nur Profit.

Wie sagte Michael Moore so schön? Warum dann nicht Drogen verkaufen, die haben tolle Margen! Oder wie wär’s mit einem Marktplatz für Päderasten? Unsere Bosse sind so reich und so triebhaft machtgierig, da gibt es – siehe Belgien – genug, die viel Geld für Kinder hinlegen! Das wären Profite! Auf, auf, deutsche Frauen, werft und fordert eure Zuchtprämien – die Päderasten haben einen Riesenbedarf und dicke Geldbeutel. Und stellt euch doch nicht so an, eure Mütterlichkeit dient doch niemals euren Kindern, sondern nur euch selbst, sonst müsstet ihr viel mehr Verantwortung für die Welt aufbringen, in die ihr sie setzt – genauso, wie Mutter Natur es eigentlich geplant hatte, als sie die Betonung des weiblichen Charakters auf Lern- und Sozialverhalten programmierte. Ihr Mütter müsstet daran arbeiten, dass ihnen die Umwelt erhalten bleibt, dass ihre Arbeitsplätze human bleiben, dass ihre Nationen friedlich geführt werden – aber was tut ihr Mütter? Im Namen eurer Kinder zieht ihr euch in den Zuchtstall zurück und überlasst die Welt den Kriegstreibern, Umweltverschmutzern und Kinderschändern – dann könnt ihr sie auch nach eurer bequemen Aufzuchtzeit im eigenen Häuschen verkaufen, macht nicht wirklich einen Unterschied.

Außerdem ist die eigenen Kinder zu verkaufen seit Jahrtausenden (nicht seit jeher!) ehrwürdige Menschheitstradition, das machten die alten Thraker so, das machten die Schwaben so, das machen bis zum heutigen Tag viele Entwicklungsländer so. Es ist nun mal eine einfache Art, kostengünstig an Geld zu kommen – wenig Aufwand, viel Ertrag! Unter Profit-Gesichtspunkten ein wunderbares Geschäft, besonders für die Väter, die nun wirklich zumeist gar nichts für Kinder tun müssen!

Schöne neue Welt.

PS 2013:

Keine Menschlichkeit mehr, nur Profit – war schon fast prophetisch, nicht wahr?

Heute haben wir das privatisierte Gesundheitswesen vom Fließband, Kunden, die längst keine Könige mehr sind, sondern möglichst selbst anpacken sollen, um die Kosten der Discounter pro Bilanzposten „Kunde“ weiter zu senken, was einem nur noch das interessante Oxymoron „freiwilliger Sklave“ aufdrängt.

Heute haben wir den Einweg-Schund, der das Stichwort „Geplante Obsoleszenz“ durch unsere Medien geistern lässt und den Vormarsch der Zeitarbeitsverträge längst nicht nur in den Massenerziehungssystemen, wir haben sinkende Reallöhne trotz jammernder Arbeitgeber über gestiegene Personalkosten.

Heute haben wir eine „modernisierte“ deutsche Wirtschaft, die brummt auf Kosten ständig wachsender sozialer Ungerechtigkeit und das nicht nur im eigenen Land.

Und ein Bankenwesen, das ungestraft Staaten zerstören darf für die Großinvestoren, weil dieser weltweit kleinen „feinen Gesellschaft“ diese ganze Erde mit all ihren wuselnden Individuen der Spezies Homo Sapiens zu gehören scheint in einer so umfassenden Leibeigenschaft, wie es die mittelalterlichen Aristokratien trotz theologischer Unterstützung niemals erträumen konnten.

Friedrich Nietzsche, Götterdämmerung:
Es zahlt sich theuer, zur Macht zu kommen: die Macht verdummt

Macht verdummt.

Weil sie sich Menschen kaufen kann, die sich für die Brosamen der Reichen so bereitwillig in deren Fänge begeben, dass sie am Ende für die Fehler ihrer Herren bezahlen müssen, weil sie Sündenböcke als Puffer der Konsequenzen dieser Fehler erlaubt, sodass die „Eliten“ sich weiter elitär gebärden können, weiter von sich selbst überzeugt sein können.

Weil doch alle Fehler von den Untergebenen gemacht werden, von den niederen Klassen, den Subalternen, den Minderwertigen.

Von denen, die man beliebig kaufen und verbrauchen kann.

Weil die Ware Mensch so billig erzeugt wird, so massenhaft, milliardenhaft produziert wird, dass sie nur einen Nutzen hat, wenn „bessere Leute“, wenn Eliten sie verwenden.

Sklaverei nannte man das früher. Und vielleicht hat die Sklaverei früher ja genauso angefangen.

Erst war es Demokratie, die Wohlstand und Kultur aufbaute.

Dann wurden die notwendig erforderlichen Führungspositionen zu Eliten.

Dann gaben die Eliten ihre Pfründe nicht mehr auf, als sie gar nicht mehr so „elitär“ gut geeignet für diese Führungspositionen waren.

Dann erbten ihre Söhne ihre Führungspositionen.

Dann kam ein George W. Bush an die Macht und leitete den Untergang der letzten großen Demokratie ein, die heute gerade anhand ihres Fiscal Cliffs beweist, dass wenigstens die Republikaner keine Ahnung davon haben, was Demokratie ist: Denn Demokratie ist nicht die Kultur, die nur die stärksten Individuen unterstützt, warum sollte sie auch? Die brauchen keine Unterstützung. Demokratie ist die Kultur, die allen Individuen gleiche Rechte zusichert, weil die Vielfalt der Fähigkeiten gemeinsam evolutionär die besseren Voraussetzungen schuf, um die faktische Unendlichkeit der Realität zu meistern.

Das aber heißt, dass Demokratie Konsens braucht.

Etwas, was heutzutage so verachtet wird.

Weil besonders Leute, die sich selbst als hoch über den anderen stehend dünken, ihre eigenen Standpunkte für so furchtbar richtig halten, dass sie jede Situation dieser faktisch so unendlichen Welt zu beherrschen glauben.

Bertrand Russell
Der Jammer mit der Menschheit ist, dass die Narren so selbstsicher sind und die Gescheiten so voller Zweifel

Weil besonders Leute, die in ihrer eigenen Selbstüberschätzung so ungebremst sind, dass sie das unbegreifliche Wort „Unendlichkeit“ nicht mal im Ansatz verstehen und ihre eigene, notwendig begrenzte Endlichkeit zum Maß aller Dinge machen, besonders wenig selbstkritisch zur Macht über wichtige Entscheidungen greifen.

Weil besonders solche Leute, die bei uns das Sagen haben, aus der Unfähigkeit oder Unwilligkeit zum demokratischen Abstimmungsprozess heraus Konsens als statistisches Mittelmaß, als „Weichspülerei“ aller Konfliktparteien diffamieren, anstatt ihre Machtstellung verantwortungsvoll zu nutzen, um mehrere unterschiedlicher Positionen zu einem tragfähigen, gemeinsamen Ziel zu verhelfen.

Aber wie sollten das auch besonders solche Leute, die von sich so besonders überzeugt sind, dass sie sich selbst als „Eliten“ fühlen, als haushoch über jenen anderen stehend wähnen, die sie in der Masse der Menschen gar nicht kennen können, deren Fähigkeiten und Wissen sie nicht einmal einschätzen können – wie sollten solche Leute zu so etwas fähig sein wie Konsens? Das würde Intelligenz verlangen, würde objektive und umfassende Informationsgewinnung unabhängig von der eigenen Position verlangen.

Bertrand Russell
Many people would rather die than think; in fact, most do

Warum sollte man diese Arbeit (und genau das ist Informationsverarbeitung tatsächlich) aufbringen, wenn die eigene Position doch als „Elite“ schon per definitionem immer noch besser als die aller anderen ist?

Wie sollten solche Leute überhaupt jemals verstehen, was Demokratie ist und warum sie gebraucht wird?

Kein Wunder, dass unsere Eliten am Ende den Teufelskreis des Suizids der menschlichen Rasse nur beschleunigen. Kein Wunder, dass unsere Eliten niemals etwas gegen globale Erwärmung oder globale Verelendung tun werden. Denn das Problem mit den Eliten ist nun einmal, dass es nur eine richtige Meinung geben kann: ihre eigene. Konsens ist etwas für die niederen Klassen, die es nicht besser wissen und können. Und für Konsens ist bereits die kleine Handvoll der Großinvestoren dann schon zu groß, denn jeder von denen ist Gott und hat damit das Recht, über allen anderen zu stehen.

Und weil sie Menschen kaufen können wie Milchtüten, denken sie in ihrer Dummheit, dass sie auch die Physik kaufen können. Globale Erwärmung, Überbevölkerung, Kriege, Folter, Vergewaltigungen, ertrinkende Flüchtlinge, globale Entmenschlichung - das ist einfach nicht von Bedeutung, wenn es um den göttlichen Profit geht.

Denn Konzerne und Kapital brauchen keine gesunde Erde.

Und wenn, dann kaufen sie sich einfach eine, gibt ja so viele im Sonnensystem.

Schöne neue Welt.

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Warum hat sie das bloß gemacht?

Und immer sind irgendwo Spuren deines Lebens.
Gedanken, Bilder, Augenblicke und Gefühle.
Sie werden uns an dich erinnern.

Das war der Spruch auf der Danksagung. Mehr habe ich von dieser Montag-Nacht im September 2013 nirgendwo gelesen. Auch auf dem Internet kann man sie kaum finden, denn sie hat den gleichen Namen wie eine Gaststättenbesitzerin im Dorf und deren Einträge sind so massenhaft, dass kaum etwas von ihr dazwischen auffallen kann.

Ein vages Bild einer jungen, freundlichen Frau vor dem Obststand ihres Vaters ist in meiner Erinnerung. Ob sie es wirklich ist, kann ich nicht sagen – das und ihr Geburtstag aus der Danksagung ist alles, was ich weiß.

Und wo ihre Urne bestattet wurde.

Ich kenne kaum ihre Familie und doch geht sie mir nicht mehr aus dem Kopf.

In dieser Nacht setzte sie sich in der Scheune ihres Vaters in ein Auto, schloss es von innen ab und zündete sich dann an.

Das Hupen, das anschließend von irgendwo und nirgendwo durch die stillen Straßen gellte, klang schnell nach einem Hilfeschrei, setzte kurz aus und ertönte gleich wieder für ein paar Minuten. Dann war alles ruhig – bis die Sirene erklang und die Wagen der Feuerwehrleute zu hören waren, viele Wagen von überall her.

Besonderen Dank der Feuerwehr, der Seelsorge des Roten Kreuzes, der Polizei

stand in der Danksagung. Sie sahen sie brennen, sie wollten ihr helfen, doch das von innen verriegelte Auto ließ sich nicht öffnen, so berichtete später der Dorffunk. Was müssen diese Leute durchgemacht haben! Sie eilten zur Hilfe und waren selbst zum hilflosen Zusehen verdammt, konnten nichts tun.

Und was muss sie durchgemacht haben?

Was konnte so schlimm in ihrem Leben gewesen sein, dass sie sich das angetan hat?

Nichts.

Ich habe das verstanden, als mir wieder einmal glühende Kohle aus dem Kaminofen auf den Steinboden fiel und ich so schnell wie möglich versuchen musste, diese Kohle wieder dorthin zurückzuschaffen, wohin sie gehört. Dafür muss ich die Schutzkleidung entfernen, die mich vor der Hitze schützt, damit ich schnell und präzise vorgehen kann.

Diese Hitze...

rotglühend, gebändigt in einem massiven Stahlgefängnis, diese Hitze, die in kalten Wintertagen so anheimelnd das Überleben sichert, durch die Luft getragen so nahe an der eigenen Haut, dass sie schon Schmerzen hervorruft, wenn du noch deutlich von der Quelle entfernt bist,

diese Hitze...

die deinen ganzen Körper in Alarmbereitschaft versetzt und zum Davonlaufen vor ihrer glühenden Gier zwingen will,

diese Hitze ist nur alltäglich.

Diese Hitze ist nichts gegen den Schmerz, wenn das gnadenlose Feuer deine Haut wirklich erreicht. All die Feuerwehrleute fielen mir ein, die nicht freiwillig Opfer der Flammen wurden, die nur versuchten, anderen Menschen aus dieser Hölle zu helfen und deren Vorsichtsmaßnahmen einfach nicht ausreichend gegen die Naturgewalt Feuer waren, all die Unfallopfer in ihren Autos oder an ihren Arbeitsplätzen: Sie alle mussten durch diese Höllenhitze gehen, aber in der Panik der letzten, jenseits aller Vorstellung grausamen Minuten ihres Lebens mussten sie sich wenigstens nicht fragen, warum sie sich das selbst angetan haben.

Selbstmord durch Selbstverbrennung - die Hölle auf Erden aus eigener Hand.

Was konnte so schlimm in ihrem Leben gewesen sein, dass sie sich das angetan hat?

Nichts.

Aber das verstand sie erst, als das Feuer sich auf ihrer Haut ausbreitete und sie bei lebendigem Leibe aufzufressen begann, als die Hölle, die sie selbst herbeigerufen hat, über sie hereinbrach und ihr Schmerzen zufügten, die sie sich in ihren schlimmsten Albträumen nie hatte vorstellen können, die alle Traurigkeit, alles Leid, alles Unglück ihres Lebens auf einen Schlag auszulöschen vermochte und nichts übrig ließ als pure Verzweiflung und fauchendes Grauen.

Da wollte sie nichts anderes mehr als diesem feurigen Höllenmonster entkommen und flehte um Hilfe.

Deshalb hupte sie.

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© bussole IV 2004 (außer Zitate)

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