Blog

Archiv

Nachfolgende Einträge


Archiv 2004, August

Nihil tam difficile est, quin quaerendo investigari possit


31.08.2004

Faust, Prolog im Himmel:
Es irrt der Mensch so lang er strebt

Hmmm…

nach dem anfänglichen Glücksgefühl finde ich mich jetzt wieder auf der Erde…

werde mein Auto verkaufen müssen, meine geliebte Barchetta – war nicht „aggressiv“ genug, nicht „dominant“ genug für die Stelle…

kein „Powertyp“.

Nun ja, es gibt einige, die sich über diese Beurteilung sehr wundern würden – doch ich denke, die Beurteilung trifft es, zumindest in diesem Fall. Wie hätte ich freilich auf die Leute zugehen sollen, um Dominanz zu demonstrieren? Ohne ihnen jede ihren Schlampigkeiten, Unachtsamkeiten, „kostenbeschränkten“ Denkungetüme um die Ohren zu schlagen?

Oder gar zu Kunden gehen und sagen „kauf’ noch was nach von diesem Kinderkram“? Denn „Kinderkram“ dürfte noch das Freundlichste sein, was mir zu einer Preisdatei einfällt, die keine Währung enthält. In der ein Programm einen Preis verlangt, 130 Euro zurückbekommt (mit Währung), aber in USD Dollar weiterrechnen möchte (mit umgerechnetem Betrag und Währung) und dann 130 USD vorfindet.

Das kenne ich sonst nur von Frischlingen, solche „selbstverständlichen“, aber elementaren Daten wie Einheiten nicht zu berücksichtigen.

Oder der nett-burschikose Hinweis, dass die geänderten Daten nicht gesichert werden – mit Ausrufezeichen – und ob man das wirklich wolle…

wenn du im Anzeigemodus die diversen Bedienerhilfen ausprobierst…

doch natürlich kann nicht gespeichert werden. Man ist ja im Anzeigemodus!

Wieso freilich ändern? Der Kunde tut das nicht, braucht das nicht, hat das nicht zu tun.

Apropos Bedienerhilfe – da genügt für die knapp über 20 aktiven ERP-Kunden dieser Firma (darunter höchstens 5, die aktuell Geschäft bringen) tatsächlich oft die Telefonnummer. Mein kleiner Hinweis auf ISO 9241-10 (Ergonomic requirements for office work with visual display terminals) wurde als unbeachtlich angesehen, dabei imponierte mir dort unter Punkt 3.3 besonders, dass eine Software so hilfreich sein sollte, dass Anwender möglichst wenig Handbücher oder andere Informationsquellen benutzen müssten.

Ich schaffte es einfach nicht, den Mund aufzumachen. Ich hätte nicht kontrollieren können, was herauskommt – und wozu? Keiner hätte mich ernst genommen, die Leute dort sind zufrieden mit sich und ihrer Software, vergleichen sich mit den Größen der Branche, gar SAP®. Und weil „wie der Herr, so’s Gscherr“ gilt, ist das sogar verständlich – bei einer Führung, die 20 Kunden „viele“ und 2 Neukunden in den letzten beiden Jahren „mehrere“ nennt, die eine Software, ohne all zuviel lästige Programmierqualifikationen erstellt, fremden Leuten zum Kauf anzubieten imstande ist, über ihre „unselbstständigen“ Mitarbeiter vor Hinz und Kunz schimpft, aber keine Entscheidung dieser Mitarbeiter akzeptiert, erst recht nicht ohne herablassende Bemerkungen („glauben Sie, dies würde die BASF® kaufen“? – als hätte die BASF eine solche Software auch nur in allerfernste Erwägung gezogen)…

nein…

es macht keinen Spaß, an einer Software zu arbeiten, die du für eine Katastrophe hältst – mit Leuten zusammenzuarbeiten, die zwar zweifellos nett sind, sich aber einen Deut darum scheren, ob es Sinn macht, was sie tun, Hauptsache, sie können sich – auch frischlingsgleich – „supertoll“ dabei fühlen – mit einem Chef zusammenzuarbeiten, der sein Software-Haus wie einen Handwerksbetrieb führt, mit einem Meister, der die Arbeit beischafft und aufbereitet, einem Vorarbeiter, der die Arbeit dann leiten darf (und möglichst noch weitere Arbeit aus dem Kunden herauskitzeln sollte) und Gesellen, die zu tun haben, was man ihnen sagt, ohne darüber nachzudenken – um später genau über diese Unselbstständigkeit zu klagen…

und das mir!

Wo ich eine Methode erstellte, um um die menschlichen Schwächen herum saubere Software zu machen…

ich hatte Recht – Menschen sollte man nicht programmieren lassen, die wenigsten können es. Dabei scheint es mir, als läge es nicht unbedingt am Intellekt, sondern weitaus mehr am Willen. Sobald Geld dabei herauskommt, interessiert es keinen mehr, ob das Produkt etwas taugt – dann ist es gut.

Das ist das wohlbekannte Bill-Gates-Prinzip.

Und die Opel®-Geschichte vergessen sie dabei…

Opel war mal Fast-Marktführer, doch dann begannen sie zu sparen – am Qualitätsmanagement, las ich einmal.

Die Aktionäre freute es seinerzeit, die Mitarbeiter weniger…

heute freut es keinen mehr.

17:27 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

15.08.2004

Erich Kästner:
Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen.

Im März, als ich noch frohgemuter Hoffnung hinsichtlich meines Projektes war, schrieb ich in mein (damals) neues Thema „Nirvana“ Folgendes:

„Galgenhumor beiseite: Dieser Blog ist als Projektblog gedacht und auch wenn mein Projekt unter meiner Schwäche leidet, soll es der Blog nicht weiter, habe ich beschlossen.“

Das war und ist richtig – einerseits lebe ich in dieser Welt und muss fast täglich über ihre selbstmörderischen Tendenzen den Kopf schütteln, was der Ursprung meiner Schwäche zu Philosophieren ist, andererseits ist ein Projekt etwas, was typischerweise sachbezogen ist. Und solange dein Projekt nicht heißt „Rette die Welt“, solange sind nun einmal Kritik und Kopfschütteln über tödliche Dummheit als Projektbeschreibung nicht angebracht – sogar dann, wenn sie eigentlich wunderbar in dein gesamtes Thema „Information“ passen, weil Borniertheit, Gier und Dummheit sich so prächtig damit erklären lassen, denn ganz ehrlich: Im Grunde ist es doch höchst merkwürdig, wie dämlich und geradezu „tierisch“ sich die gesamte Menschheit verhält, wenn sie Gödels, Russels, Einsteins, Noethers und Kants in ihrer Geschichte vorzuweisen vermag.

Meine letzten Eintragungen im Blog waren freilich ganz typische „Nirvana“-Texte – andererseits auch tatsächlich projektbezogen. Warum?

Weil mein Projekt wohl abstirbt – mangels Zeit. Denn trotz aller Bemühungen schaffe ich es nicht, einen neuen Job anzupacken, ein Privatleben zu führen und dann noch der IT endlich zu struktureller Professionalität zu verhelfen, technische hat sie ja an vielen Stellen wirklich schon. (Klingt komisch – ist aber so, würde es in der Sendung mit der Maus wohl jetzt heißen).

Obwohl, wie meine jüngsten Einträge zeigen, diese IT Professionalität in großen Bereichen umfassend nötig hätte, weil sie mit einer unglaublichen Selbstherrlichkeit an Dingen herumbastelt, von denen sie Null Ahnung hat.

Und das ist keinesfalls übertrieben – denn wer weiß schon, was Information ist? Sie reden alle drüber, sie verkaufen ihre Handhabung teuer, doch bei genauem Hinsehen vernichten sie sie nur effektiver als jeder andere Berufszweig es jemals tat.

Denn wer nicht weiß, was er tut, der kann nicht wirklich kontrollieren, was herauskommt. Im besten Fall können die Herrschaften noch mit Daten herumjonglieren und gewissen Wahrscheinlichkeiten in manchmal hoch komplizierten mathematischen Formeln auf die Schliche kommen – denn sie stehen ja drüber, über Information nachzugrübeln, weil „über Information zu reden, nur Philosophie ist“. Eine bequeme Ausrede, wenn man zu faul, zu dumm, zu unwissend, zu selbstverliebt oder schlicht zu überlastet ist, um sich zu fragen, was denn Information in Wahrheit sei – was dieses Zauberkunststückchen bewirkt, aus Daten Information zu machen, sprich Daten „Sinn“ zu geben.

Dabei wissen es die Klügeren unter den Informatikern längst, was Information ist. Sie sprechen es sogar aus: „Information ist ‚flüchtig’“, hörte ich in einer TV-Reportage und das trifft den Kern der Dinge. In dieser Reportage machten sich Hochkaräter Gedanken über Speichermedien und die Tatsache, dass gerade die moderne Technologie zwar mehr Daten fassen kann als je zuvor, dass sie die Information daraus jedoch auch schneller verliert als je zuvor. Den winzigkleinen Schritt von dieser Beobachtung zur Definition der Information als dem Element, das Daten und Information immer verbindet – das Gehirn beim Lesen von Sprache, das Programm beim Lesen von Daten, das Regelwerk, das die beobachteten Zustände erzeugt und deshalb auch „interpretieren“ kann – diesen kleinen Schritt schaffen sie jedoch nicht. Das kann nicht mehr nur einfache Unwissenheit oder Dummheit sein, die Leute wissen schließlich schon praktisch alles und sie reagieren keinesfalls „dumm“ darauf, sondern haben interessante Rettungsversuche für „unsere“ kulturell bedeutendsten Informationen gestartet – dahinter muss etwas viel „Tieferes“ stecken, was mehr mit Freud und Jung zu tun hat als mit Mathematik und Physik.

Deshalb habe ich auch keine Sorge, dass mein Projekt von jemand anderem „geklaut“ wird, ich bin nicht scharf auf Patente, die „Raubritter des Fortschritts“.

Denn meine Ideen können nicht geklaut werden, weil sie...

niemand denken kann. Niemand außer mir, weil meine persönliche Geschichte mich eben einzigartig macht.

„Das macht uns einzigartig und unverwechselbar, das gibt uns „Seele“ und Identität – die Erfahrungen eines ganzen Lebens, all die unterschiedlichen Orte und Zeiten, die wir erleben durften und die ihresgleichen nicht wieder zu finden sind im gesamten, riesigen Universum.

So mag es Myriaden von Sonnen wie die unsrige geben, Milliarden von Erde-Mond-Systemen, auf denen Leben wie unseres existieren kann, Millionen von intelligenten Rassen...

wir aber bleiben einzig.“ (Farscape – Science Fiction, Seele und Zeit)

Aber alles hat zwei Seiten – eine Basis-Eigenschaft der Information und wir leben nun einmal in einem Universum der Information:

Mein Projekt lebt und stirbt mit mir und das ist eigentlich sehr schade.

Ich schaffe es jedoch zeitlich kaum noch, „zu leben“ und den Anschluss an das Fachwissen meines Jobs wenigstens oberflächlich zu halten, wie sollte ich dann noch genügend Hirn aufbringen, um ein bisher noch nie gedachtes Projekt fertig zu denken bis zur praktischen Ausführung durch einen Computer? Und dann die gesamten interessanten Folge-Projekte, die dahinter stünden! Wenn du ein Modellierungstool hast, das dir tatsächlich Teile des Denkens abnimmt bei der Erstellung von Problemlösungen, dann hast du etwas erreicht, was bisher keiner konnte.

Alle großen Fortschritte erfolgten bisher überwiegend in der Hardware – weitab vom menschlichen Denken in den „physikalischen Niederungen“ der Elektrotechnik und Molekularphysik -, erst in jüngerer Zeit wies auch die Software-Erstellung tolle Verbesserungen auf, die das Leben der Programmierer einfacher machen.

Doch das Denken? Das läuft noch genauso langsam ab wie vor 30.000 Jahren.

Wer weiß, was Information ist, kann natürlich auch diese besonders raffinierte Informationsverarbeitung „Denken“ unterstützen und damit einen maßgeblichen Anteil in unserem Job, die Konzeptionierung, signifikant beschleunigen.

Diesen so „verkürzten“ Prozess dann per Computer in Code und mithilfe von MDA in lauffähige Programme umzuwandeln, sollte die Software-Industrie radikal verändern...

weg von dem Bastelstatus, weg von den selbstherrlichen „Regeln“ selbsternannter „IT-Fürsten“ hin zur Industrialisierung von Information – und zu ihrer „Rettung“. Denn Menschen, die blindwütig an Information herumdoktern, können vielleicht hier und da ein paar automatisierte Prozesse zustande bringen, doch Information darüber hinaus vermögen sie weder zu erkennen, noch zu sichern. „Weitergehende“ Nutzungen wie simpelstes Data-Warehousing oder die Notwendigkeiten, die ein RTE verlangt, sind damit schon gar nicht mehr realisierbar.

Denn „das hat der Kunde nicht gebraucht“, also kriegt er’s auch nicht – soll er „blechen“, wenn er es haben will. Dummerweise gibt es „ältere“, reifere Systeme, die es dann doch können – und vielleicht wendet „der Kunde“ sich dann endgültig von den Kleinbastlern ab hin zu denjenigen, die es in ihrer Bastelei wenigstens schon weiter voran gebracht haben.

Wenn dann noch das MDA „Aspekte“ der ERP anbieten würde, was wohl meine „komplexen Instanzen“ sind, die ja nichts weiter als einzelfallunabhängige Prozesse darstellen, die per Metadaten individualisiert werden – passt gut zur Beschreibung von „Aspekten“, nicht wahr? – dann wäre sogar eine „modellgetriebene“ ERP-Programmierung denkbar...

bei der die Anwender nur noch „sagen“, was sie wollen, sich daraus Modelle erstellen lassen (ML-Methode), die sie solange korrigieren, bis sie aussehen, wie sie es sich geistig vorstellen: Der Rest liefe dann über die Code-Erstellung und das MDA.

Ganz ohne „Nacharbeit“ lässt sich dies sicher nicht bewerkstelligen, doch es wäre bestimmt ein Weg möglich, diese Nacharbeit so einfach und unkompliziert zu gestalten, dass im Prinzip die Anwender selbst noch damit zurecht kommen könnten.

Oder vielleicht ließe sich, was mein Kernel schon deutlich zeigte, ein ERP-System mit seinen in weiten Bereichen doch recht beschränkten Anforderungen an die grundlegende Struktur einer IT über Aspekte so weitgehend schon aufbauen, dass (zumindest in diesen Bereichen) kaum noch Programmierung nötig wäre?

Dass ein Entwicklungstool denkbar wäre, das über Dateien funktioniert wie „Filemaker“, bei dem Datenfelder angegeben werden, denen diverse Texte beizufügen sind – deren Verarbeitung dann als Metadaten-Controller in den ERP-Aspekten fungiert wie in meinem Kernel – und darüber hinaus natürlich noch diverse Feldaufbereitungen und Feldprüfungen, die ihrerseits auch nicht viel mehr sind als Verbindungen und Berechnungen zwischen Datenbank-Feldern. Business Rules heißt das im Neudeutschen.

Nun ja, „it’s always about time“, sagte Aeryn.

Und ich habe keine Zeit mehr.

Deshalb gibt es auch in absehbarer Zeit kein Projekt mehr und deshalb schreibe ich wohl nur noch „Nirvana“-Texte in den Blog.

Andererseits – wer liest denn Tagebücher?

„Information ist flüchtig“ – die moderne Informationsgesellschaft radiert sich selber aus, das war so ungefähr der Tenor der TV-Reportage, die so nah am Wesen der Information war und sie dennoch nicht gefunden hat.

Oder mit anderen Worten: Infinity kills Information.

In meinen Nirvana-Texten sandte ich eine Flaschenpost aus – einfach so, weil ich einerseits große Hoffnungen auf das Internet setze, andererseits von der „Alltäglichkeit“ seiner Nutzung mir nicht viel verspreche.

Internet - Gehirn oder Verkaufsfläche...

Meine Wette steht auf „Verkaufsfläche“, deshalb gibt es auch keinen besseren Ort für ein Tagebuch als das Internet. Überall sonst könnte es schließlich neugierigen Augen „in die Hände“ fallen...

16:31 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

14.08.2004

Wes’ Brot ich ess', des Lied ich sing'

Das habe ich wegen dieser für mich nicht einsichtigen Herumreiterei der deutschen Presse auf der Rechtschreibreform geschrieben, wo wir doch wahrlich ganz andere und viel schwerwiegender Probleme zu lösen haben als die Schreibweise von „Flussssschiffffffffffahrt“.

Unsere fast römisch anmutende Dekadenz mit all den Möglichkeiten, wie die Römer in den armen Horden unterzugehen, ist dabei ein sicher nicht unwesentlicher Bestandteil – und um diese Dekadenz, um all den überflüssigen Schnickschnack bezahlen zu können, müssen wir so gierig als möglich werden, so rücksichtslos und verstohlen kriminell, wie es noch geht, ohne erwischt zu werden.

Ebay – nichts weiter als ein erlaubter Schwarzmarkt, bei dem Hehlerei fast zum guten Ton gehört – ein „geschäftliches Schmuckstück“ des Schmarotzertums, der Schnäppchenjägerei, die die Erfinder reich gemacht hat. Erfinder übrigens, die sich noch vor Aufforderung durch die amerikanischen Heimatlandschützer bereit erklärt haben, all ihre Informationen über all ihre Kunden (auch die ausländischen?) den amerikanischen Regierungsstellen preiszugeben. Das passt aber schon, nicht wahr? Wer davon lebt, dass andere andere ausbeuten können, hat wohl selbst nicht gar zuviel Sinn für „teuren“ Anstand.

Übertrieben? Kürzlich sprach ich mit einem entfernten Verwandten – ein lieber Mensch, fleißig, engagiert, fürsorglich gegenüber der Familie...

und ein überzeugte Ebay-Kunde, weil er dort alles viel günstiger als auf dem üblichen Weg bekommt. Klingt bisher ja noch ganz normal, wie?

Dann aber gab er offen zu, dass er gar nicht wissen wolle, von welchem Laster die günstigen Sachen heruntergefallen seien – Hauptsache, er müsse nicht viel dafür zahlen.

Ich bin – so innerlich – tatsächlich aus allen Wolken gefallen. Für ein paar Euro andere Leute zu bestehlen oder wenigstens „bestehlen zu lassen“, weil man eben den Markt darstellt, auf dem Diebesgut verschachert werden kann, das ist für mich kriminell. „Der Hehler ist so gut wie der Stehler“, hieß es früher einmal, aber früher ist lange her.

Schnäppchenjäger kennen keine Moral – das kannten sie unter Hitler nicht, als sie nach den „Schnäppchen“ aus den Habseligkeiten der inhaftierten Juden schnappten, das kennen sie heute nicht, wenn sie nicht einmal wissen, wer da bestohlen wurde und wie viele Arbeitsplätze dadurch gefährdet sind.

Kein Unterschied für mich.

Vielleicht kriege ich deshalb auch die Panik über das, was in Amerika geschieht?

Weil für mich deutsche Ebay-Kunden, die für billige Ware bereit sind, jedes Auge zuzudrücken, genau dieselbe Sorte Mensch sind wie die Bush-Anhänger, denen die zermalmten und getöteten Irakerkinder nichts ausmachen, solange sie ihre SUVs fahren können:

“From a Bush supporter to an anti-Bush protester 'I don't care how many people we have to kill as long as my gasoline prices are lower.“ (Quelle 03.08.2004)

Das Problem dabei? Solche Leute sind nicht mehr vertrauenswürdig – du kannst nicht mehr damit rechnen, dass sie dir nicht einfach so in den Rücken fallen. Wenn sie sich nur einen kleinen Vorteil darin versprechen, dir zu schaden, werden sie es tun, also musst du Energien darauf verschwenden, sie im Auge zu behalten, die du für anderes viel nötiger gebrauchen könntest.

Die Amerikaner benehmen sich so gegenüber uns, wir gegenüber denjenigen, die schwächer sind als wir – die „Nahrungskette“ des Sozialdarwinismus hängt an der Masse von Geld und Waffen.

Und diese Dekadenz des Denkens äußert sich überall.

Wir haben Sex mit Kindern und foltern und ermorden sie, weil es uns einfach so gefällt – der letzte Fall in Belgien ist doch längst kein Einzelfall mehr. Reiche Männer können sich alles erlauben – dicke Autos, die schönsten Prostituierten als Ehefrau und dennoch wollen sie immer noch allmächtiger, noch unbesiegbarer erscheinen. Zwangsweise müssen sie sich dann Kindern zuwenden, denn leichter ist wohl kein Allmachtsgefühl zu erreichen.

Und Anstand? Das Element, das Mutter Natur in uns pflanzte, um unsere Gruppe, die unser Überleben garantiert, gegen die Interessen des „primären“ Selbsterhaltungstriebs zu gewährleisten, um unsere Kinder vor Übergriffen der stärkeren Alten zu schützen, damit wir, im Alter, von ihnen leben können?

Anstand ist ausgeschaltet, im breitflächigen Bombardement von Alltags-Erziehung und Fernsehen zur „Dummheit“ verkommen – alles im Namen des Profits und der Kleinlichkeit.

So wie der ganze Verstand ausgeschaltet wird: Gier frisst Hirn.

Kürzlich fiel mir das so deutlich auf. Menschen sind so selbstzufrieden in ihren kleinen, heilen Welten, sie sind stolz auf ihre Taten, als wären sie alle Einsteins, besonders, wenn sie nie etwas anderes kennen lernten.

So bin ich jetzt bei einer wirklich kleinen Firma in der ERP-Branche gelandet – aufgrund der selbstbewussten Selbstdarstellung des Firmeninhabers war mir gar nicht klar gewesen, wie winzig hier alles ist, Software, Aufgabenstellungen, Hilfestellung für die Mitarbeiter, Allgemeinbildung, kulturelles Interesse...

denn nicht nur Bewerber malen sich bei den Vorstellungsgesprächen im rosigsten Licht.

Ein Widerspruch fiel mir damals zwar auf: Sie forderten „selbstständiges, eigenverantwortliches“ Handeln und beklagten sich gleichzeitig, dass ihre Mitarbeiter dies so gar nicht leisten würden.

Ich weiß bereits, warum – denn ich äußerte mich kritisch über ihre Art, Standardfehler zu korrigieren. Mir war nämlich gesagt worden, dass diese nur bereinigt werden dürften, wenn der Chef es ausdrücklich genehmigen würde oder wenn man es in einem Kundenauftrag unauffällig unterbringen könnte. Ansonsten „könnte ich es ja in meiner Freizeit“ tun, Standardfehler zu beseitigen. Denn...

„der Kunde braucht’s nicht“, dem fiel es nämlich noch nicht auf.

Ich vermutete damals, dass diese „Freizeitbeschäftigung“ wohl keinen besonders hohen Stellenwert hätte und selbst die bienenfleißigen Mitarbeiter dieser Firma am Wochenende Besseres zu tun hätten, zumal sie wegen der fehlenden Bereitschaft der Geschäftsführung, in effiziente Arbeitsmittel zu investieren, viel machen mussten, was ihnen durch clevere Organisation oder Software erspart geblieben wäre. Die Ironie, dass ein Software-Haus seine Mitarbeiter zwingt, bis in die Nachtstunden zu arbeiten, weil es keine vernünftige Software kauft/herstellt, fiel wohl bisher auch noch keinem außer mir auf.

Und weiterhin vermutete ich, dass durch die „niedrige Priorität“ dieser „Freizeitbeschäftigung“ wohl eine erkleckliche Anzahl an Standardmängeln vorhanden sein müssten, zumal diese kleine Firma mit geradezu hektisch kurzen Releasewechseln arbeitet, um die an allen Ecken und Enden fehlende Funktionalität ein wenig auszugleichen.

Nun, meine Vermutung hat sich inzwischen mehrfach bestätigt, – besonders „alte“ Programme seien unerträglich fehlerhaft, wurde mir gesagt. Da man aber nicht einfach korrigieren dürfe (außer eben in der Freizeit), würden die Fehler auch nicht bereinigt. Und wieder: „Kunden hätten es ja noch nicht gebraucht“. Mein Einwand mit dem Produkthaftungsgesetz rief nur konsternierte Gesichter hervor.

Dagegen brachte mir meine Kritik einen ernsten Anschiss mit der klaren Aussage, dass hier „nach den Regeln des Chefs“ gespielt würde: Wes’ Brot ich ess', des Lied ich sing'.

Eigenverantwortung und Selbständigkeit nur im Rahmen dessen, was der Chef erlaubt – wieso wundert er sich dann, wenn die Leute ihn ständig fragen? Sie wollen doch nur tun, was er verlangt: nach seinen Regeln spielen. Und weil die Regeln anderer Leute im Problemfall auch von denen ausgelegt werden müssen, fragt man eben sicherheitshalber nach.

Und weil sie praktisch alle nicht aus dem Fach stammen oder knapp die Ausbildung hinter sich haben, entweder aus unteren Sachbearbeiterberufen zu stammen scheinen ohne besondere IT-Kenntnisse oder nie etwas anderes gesehen haben als „move hin“, „move her“, haben sie ihm auch alle geglaubt, wenn er ihnen erzählte, wie IT funktionieren würde. Die anderen hat er wohl im „schwarzen Jahr 2002“ entlassen – auf einen Schlag mussten mindestens 20% der Belegschaft gehen. Ist es da ein Wunder, dass der Gewinn wieder stieg? In einer IT-Firma, in der die Personalkosten den Großteil der Aufwendungen ausmachen?

Sie sehen ihn als den allwissenden Vater, der (nunmehr) fast alleine die Software noch im Ganzen überschaut, sie haben es so verinnerlicht, dass sie ihren Job genauso tun, wie er verlangt: „ökonomisch“.

Und so kann es eben passieren, dass die einfachste Grundregel der Datenbank-Konstruktion für sie nicht in Frage kommt: „Der Aufbau sollte so strukturiert als möglich sein“ – doch quick&dirty steht drüber und lässt nur Datenbankstrukturen wie unter Excel zu. Texte genügen schließlich für Volltextsuche, wen kümmert’s, dass XML verzweifelt versucht, solche „unstrukturierten“ Inhalte in den Griff zu kriegen? Wir produzieren sie unbekümmert weiter, selbst wenn wir alle Informationen noch in der Hand haben und es uns wenig Mühe bereiten würde, sie – neben der Textform – sauber getrennt zu speichern.

Das aber...

benötigt zuviel Zeit, dafür denken wir „zu unternehmerisch“. Das kostet zuviel Geld.

Schade...

dass Information physikalisch ist und sich durch Wünschen nicht wirklich bearbeiten lässt.

„Wir brauchen es (heute) doch nicht“, „ist doch klar, dass in diesem Feld x nur Blödsinn steht, wenn in Feld y der Feldwert abc steht, das weiß doch jeder – und außerdem braucht es nur das und jenes Programm“.

Das Problem dabei?

Die kleine Software wird zwar ständig erweitert, die hektischen Releasewechsel sollen den 10 bis 20 Kunden den Eindruck von Fortschritt verschaffen – erzeugen aber fast zwangsweise weitaus mehr Standardfehler als in einer „normalen“ ERP üblich, denn auch in der QM gilt, dass „kostenbeschränkt“ gedacht werden muss, soll heißen, dass nur getestet wird, was im Kundenauftrag bezahlt wurde.

Universaltests? Nein danke!

Darüber hinaus wird durch die Entwicklung, getrieben von speziellen Kundenmodifikationen, ein Flickenteppich an Spezialitäten erzeugt, bei dem jeder Flicken für einen einzigen Kunden taugte – und der ganze Teppich für keinen.

Da die Programmierer nicht zuviel denken dürfen – kostet zuviel Zeit, braucht man nicht, wozu denn? – basteln sie sich ein Gesamtkonstrukt wie eine Sandburg: Jedes Kind baut einen Turm ganz für sich allein und irgendwie klebt’s Papa dann zusammen.

Und das ist nicht nur diese kleine Firma. So arbeiten die meisten kleinen Firmen – so arbeiten die Leute im privaten Bereich – so arbeiten die Politiker – so arbeiten die Bosse...

und dann wundert ihr euch, dass so ein Schwachsinn wie der Irak-Krieg geschehen kann? Und dass wir sehenden Auges unseren eigenen Untergang in Kauf nehmen, nur wegen ein bisschen Geld?

Und dabei verspricht die Computerwoche schon seit Jahren, dass IT endlich aus diesem Bastelstatus herauskommt! Obwohl sie es reichlich vorsichtig formuliert, zugegebenermaßen: Wenn die Anbieter endlich aufhören, zusätzliche Kapazitäten zu verkaufen und ihren Kunden dafür endlich Probleme abnehmen würden, dann, ja dann würde endlich alles gut. (CW 32/04, S. 7).

Doch wie heißt es so schön? Wenn das Wörtchen „wenn“ nicht wär’...

Andererseits folgt bereits auf S. 10 unter der Überschrift „Billig sein lohnt sich“ der Hinweis, dass eben auch die Produktvielfalt stirbt, wenn die Großen die Kleinen schlucken.

Freilich stirbt wohl noch etwas anderes: Kundenorientierung. Denn wer dem berühmtesten IT-Giganten beim Vernichten von Konkurrenten zuschaut und bei seiner hochherrschaftlichen Art, mit Kunden umzuspringen, sieht sofort die Entstehungsgeschichte der mittelalterlichen Aristokratie in moderner Version: Monopolisten regieren wie Könige, nicht wie Dienstleister.

Dass dieser berühmteste IT-Gigant die gesamte IT noch nicht zum Stillstand gebracht hat, liegt nur daran, dass es immer noch ein paar „Aufmüpfige“ gibt, Linux, ein paar amerikanische Firmen, die noch nicht unter der Knute stehen – würde dies wegfallen, wäre jeglicher Anreiz für WinzigWeich weggefallen, maßgeblich in Forschung und Entwicklung zu investieren.

So sieht die Sache doch aus – und alle wissen es.

Deshalb haben die Kleinen sehr wohl noch eine Chance, denn sie sind das, was die Industrie-Dinosaurier nicht leisten können:

Innovativ, wendig, in direkter Tuchfühlung zu den Kunden.

Wenn sie es nicht dadurch kaputtmachen, dass sie sich geldgierig und „kostenbeschränkt denkend“ gebärden wie die Dinosaurier.

Das jedoch, so scheint mir, ist so verlockend, dass auch die Kleinen nicht widerstehen können, billigen Schwachsinn ohne Hirn zu produzieren.

Nur...

dass im Gegensatz zu WinzigWeich die Kleinen dafür früher oder später bezahlen müssen.

Dummheit limitiert sich selbst. Immer.

*Deaths from war as well as starvation and disease will decrease population size, which overtime,will re-balance with carrying capacity. Quelle (08.03.2004): http://www.ems.org/climate/pentagon_climatechange.pdf (914 KB)

19:40 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

07.08.2004

Nur ein Esel stolpert zweimal über denselben Stein

Gekaufte Presse – schrieb ich kürzlich.

Und heute hüpft mir die Riesenbotschaft der Zeitung ins Auge, die sich bei Artikeln vorwiegend auf die Überschriften konzentriert: „Zurück zur alten Rechtschreibung“.

Ja, klar, das war kein Wunder, genauso wenig wie es ein Wunder ist, dass die gesamte Springer-Presse jetzt ins Horn derjenigen Bundesländer bläst, die zufällig mal „konservativ“ sind? Das kennen wir doch aus Amerika! Die gesamte Presse ein einziges Hurrapatriotismus-Geschrei für die rechte Politik, hinter der, so ganz zufällig, die Großindustrie steckt – und weil alles, was aus Amerika kommt, gut ist, übt sich auch unsere Presse darin, den Konservativen als neue, dauernde Macht in vorauseilendem Gehorsam gefällig zu sein.

Weiß doch jeder, dass sie die nächste Wahl gewinnen – und die übernächste – und die überübernächste und....

als wüssten wir Deutsche nicht, wohin die Führergläubigkeit führt! Nur ein Esel stolpert zweimal über denselben Stein, doch wenn Amerika das so will, dann tun wir das brav.

Das, was mich am meisten enttäuschte, war, dass der Spiegel ebenfalls in das Horn bläst. Man muss sich den zukünftigen Machthabern eben auch anbiedern? Weil das bessere Quoten bringt? Die eigenen Leser werden ja selbst immer egomaner und schmarotzerhafter, an das Gesamtsystem, das uns alle das Überleben sichern muss, zu denken, ist doch viel zu anstrengend – und viel zu teuer. Wenn wir akzeptieren würden, dass wir ohne die anderen nicht existieren können, müssten wir uns vielleicht noch Gedanken um deren Wohlbefinden machen! Wo kämen wir denn da hin? Ich will für mich Geld haben, für mich das teuere Auto fahren, für mich zweimal Urlaub in Fernost machen (mit all den hübschen Kinderprostituierten, die mir meine Allmachtsbedürfnisse stillen müssen und dabei noch so tun sollen, als machte es Spaß).

Auch für den Spiegel genügt es wohl, so zu tun, als wäre man liberal und anständig, genau wie für den moderne Führungsstil: so tun, als gebe es Mitbestimmung und dann machen, was man will (CW 30/04, S. 36) – die typische Masche des modernen Amerika: außen hui und innen pfui.

Und wir deutsche Idioten latschen auf diesem Pfad ins Nirgendwo brav mit – Gier frisst Hirn und das haben uns die Amerikaner zur Genüge gelehrt: Stachele den Neid unter den kleinen Leuten an und sie werden sich gegenseitig fertig machen, während sie sich von den Herren an den Fäden alles vordenken lassen, was die sich gerade so ausdenken. Divide et impera, nannten es die alten Römer.

„Do any of these family names ring a bell -- Olin, Scaife, Coors, Bradley and Koch?"... Take those swell guys from Wichita, Charles and David Koch. A few years back, their family foundations helped to pay for a series of Law and Economics seminars that were attended by a large percentage of the nation's federal judges. It just so happened that at the very same time Koch Industries faced a huge federal lawsuit for alleged violations of the Clean Water Act. Notice the element of "cross-selling" that's present in these law and economics junkets. First, rich conservatives invest in academia to build a pool of prestigious intellectual talent. Then they use those intellectuals, not just in the battle to control the Academy itself, but also to help sell right wing causes to important non-academic policy makers, in this instance judges. It's all about networking.“ (Quelle 24.02.2004)

Im selben Text: „Conservative foundations dole out a bundle every year to underwrite independent college newspapers and other conservative student activities. They're especially smitten with prestigious Ivy League type schools. The idea, of course, is to use these universities as a kind of farm league for tomorrow's right wing stars. Liberals, as you might expect, have nothing comparable to offer. And no surprise here: Opinion polls show that the number of college students who describe themselves as conservatives has been growing in recent years.“

Und wir Deutschen folgen noch kostenlos! Wir Anbeter des amerikanischen Geistes sind so tief in unserer Nibelungentreue verfangen, dass wir unser eigenes Hirn gar nicht mehr anstrengen. Ist das nicht praktisch? Während die Amerikaner wenigstens noch teuer und über 20 Jahre hinweg indoktriniert werden müssen, folgen wir wie Bummerhündchen ganz kostenlos. Unsere Stoibers, Merkels, Kochs riechen den Duft totalitärer Macht und das große Geld, das dahinter steckt, das das moderne Amerika von Bush, Rumsfeld und Halliburton für die Möchte-Gern-Alphamännchen ausstrahlt, und folgen mit Hurra-Geschrei – einfach auf die Möglichkeit, ein paar amerikanische Krümelchen abzubekommen.

Ein tolles Geschäft für die Olin, Scaifes, Coors und Bradleys, nicht wahr?

Und das Schlimmste? Der Spiegel übt sich nun wohl auch in konservativer Gefälligkeit – vorauseilender Gehorsam oder „ökonomisches Denken“ heißt das wohl. Es soll wohl nicht auffallen, wenn der deutsche „Bush“ an die Macht kommt und nurmehr Lobgesänge zu hören sind...

so ganz anders als heute.

Wo die gekaufte Presse – ganz wie im Amerika von Clinton – ständig jault, als würde sie ihren Auftrag, die Demokratie zu verteidigen, wirklich wahrnehmen.

Dabei verteidigt sie nur die Interessen der Mächtigen, auf deren Gehaltszetteln sie steht: Wes' Brot ich ess', des' Lied ich sing'.

Und das heißt nun mal – Propaganda.

Genau deshalb hier die Frage an all die heftig klappernde Presse mit der Rechtschreibung: Cui Bono? Wem wollt ihr nützen?

Ablenkungsmanöver wie in Amerika? Von was?

Von den hohen Gehältern auch der deutschen Bosse? Das ist doch im Moment ein Thema, das der Industrie, zumindest den Führern der Industrie, recht ungelegen kommt, wo sie doch lieber im Geheimen absahnen möchte?

Liebe Presse – das Spiel kennen wir gut vom Irak-Krieg! Wenn die Öffentlichkeit zu unangenehm wird, regen wir uns mal rasch über einen nackten Busen auf.

Und hier in Deutschland ersetzt eben die Rechtschreibereform den Busen, die Rückkehr zur D-Mark war wohl doch ein bisschen zu teuer für die spendablen Mäzene. Muss ja nur etwas sein, wo sich die Leute echauffieren und die brennenden Probleme vergessen – wie soziale Ungerechtigkeit, das Schreien nach mehr Kindern in einem „veralternden“ Land bei gleichzeitig horrender Jugendarbeitslosigkeit und sinkenden Chancen auf ein gutes Leben...

in Beruf und auch im Alter. Denn wer heute entlassen wird, kann 30 Jahre fleißig gearbeitet haben, er rutscht nach ein paar Monaten bereits zum Sozialfall ab, der sogar seine private Rente opfern muss und damit Altersarmut entgegensieht.

Und nur, weil die Bosse nicht mal zufrieden sind, reich zu sein – nein, sie müssen superreich sein, weil es ja die „anderen“ auch sind. Sparen an den Kleinen heißt Haben für die Großen (der Spruch hieß früher mal „die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“).

Dafür sollen deutsche Frauen Kinder in die Welt setzen? Damit sie sich auf Sklavenniveau mit ihren Gehaltsansprüchen herunterhandeln lassen, es sich nicht mehr erlauben dürfen, ihren Urlaub anzutreten und kaum noch einen Arzt bezahlen können für die eigenen Kinder?

Ist kein Horrorszenario – geschieht tatsächlich in Amerika, dem Land mit dem Rekord-Urlaubshalter als Präsidenten. Dort gibt es eine neue Klasse von Arbeitern, die „Food Insecure“ – das sind Leute, die so wenig verdienen, dass sie nicht jeden Tag mehr zu essen haben, geschweige denn Geld für Medikamente. In Amerika sinkt die Lebenserwartung inzwischen auf die eines Entwicklungslandes – und die Säuglingssterblichkeit auch. Und weil alles gut ist, was aus Amerika kommt, blüht uns Deutschen das auch. Unsere konservativen Politiker wären ja am liebsten mit in den Irak-Krieg gezogen!

Und das sollen deutsche Frauen ihren Kindern zumuten? „Gebärstreik“ wird die Verweigerungshaltung der gebildeten deutschen Frauen genannt.

Ich nenne das Verantwortungsbewusstsein. Wer ein Kind in die Sklaverei setzt, ist an seinem Elend genauso schuld wie der Sklavenhalter.

Besser ist es da doch, die Welt lebenswert zu machen – und dann Kinder hineinzusetzen.

Ich warte nur darauf, dass diese Frauen endlich mal das Maul aufmachen – gegen Klimazerstörung, gegen Kriegstreiberei, gegen Ausbeutung, gegen Sozialdarwinismus. Aber vielleicht ist die Zeit der Ideale und Hoffnung auf eine bessere Zukunft auch längst schon tot?

18:30 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today

01.08.2004

Farscape (David Kemper):
John: "I'm gonna fail. It's a sin, really. I'm close. There's just not enough time."
Aeryn: “It's always about time.”

I’m close. It’s a sin, really.

Ja klar, so knapp wie John Crichton bin ich nicht an der Lösung dran. Noch ist mein Java nicht fließend und meine Kenntnisse der Anwendung und Source von ArgoUML eher rudimentär. Und dennoch sind das nur Peanuts – Programmiersprachen sind erlernbar und je älter der „Hase“ in der Zunft, umso weniger stören Kleinigkeiten wie Syntax, solange du irgendwie einen Zugang dazu gefunden hast, wie du das findest, was du brauchst.

Doch nun probierte ich es aus, den neuen Job, weil sich niemand für Information interessiert, dafür viele für Geld.

Und nun gilt’s wie schon lange nicht mehr: It’s always about time.

Das Problem dabei? Im Berufsalltag erstickst du in Banalitäten, in Kleinkram, in der (notwendigen) Geldgier, in Firlefanz, der gemacht werden muss.

Da bleibt kein Neuron trocken – kein Iota Energie mehr übrig für das „Unnütze“, das „noch nie Gedachte“, das „erst übermorgen Gefährliche“.

Jetzt, wo ich verzweifelt versuche, ein wenig Kreativität über den Tag zu retten, der von den Neuigkeiten des neuen Jobs geprägt ist, vor allem aber von den neuen, alten Notwendigkeiten, mich mit Halbherzigkeiten und quick&dirty-Lösungen im Namen der Ökonomie abzufinden, von denen ich definitiv weiß, dass sie keine Zukunft haben – zu oft schon zu Recht vorhergesehen – und trotzdem genauso definitiv weiß, dass es heute keinen interessiert, was morgen ist, weil...

weil „der Verhungernde den letzten Baum der Wüste fällt, um Feuer für die Nahrungszubereitung zu machen“, obwohl er weiß, dass ohne diesen Baum keine Nahrung mehr möglich sein wird.

„Es muss doch sein, ich will doch überleben!“ - eine Begründung, die ich von Tag zu Tag mehr verabscheue, weil der Verhungernde zuvor viele Tausende Bäume hatte fällen müssen, um die Wüste überhaupt erst in seine Heimat zu bringen und nun jammert, dass sie durch seine eigene, blinde Aktivität bis zu ihm herangekommen ist und ihn nun tötet – genau wie unsere IT, die quick&dirty ihren Job tut, weil „der Kunde“ es nun mal so will und weil er nicht mehr dafür bezahlt, kriegt er auch nichts besseres auf die Schnelle...

ja klar, „der Kunde“ – der ist heutzutage nur noch ein Schnäppchenjäger, dem Qualität nichts mehr bedeutet, solange der gekaufte Schwachsinn nur so billig ist, dass er sich damit brüsten kann.

Aber „der Kunde“, der zu dumm ist, Qualität auch zu bezahlen, wird genauso enden wie die Discount-Käufer, die sich ihre kleinen Fachgeschäfte vergraulen, weil sie billigbillig einkaufen und dann schreien, wenn der nicht bezahlte Service nicht geliefert wird – und dann vor der gigantischen Marktmacht der Discounter wimmernd auf die Knie gehen, weil der einzelne in der Schlange vor der Kasse nicht wirklich mehr zählt, und sich mit allem, wirklich allem Schund zufrieden geben, wenn es ihnen von ihrem König „Discounter“ in riesengroßen roten „Billigpreis-Lettern“ verschleudert wird.

„Dummheit siegt“ – Artikel im © SPIEGEL ONLINE 2004 (Quelle 19.04.2004) – oder auch einfach nur die Tatsache, dass wir den Zenit der Zugewinnfunktion längst überschritten haben. Wir sind nichts als Schimpansen (nicht einmal Bonobons), die gelernt haben, die Früchte der Intelligenz anderer (der Bonobons in unserer Rasse) zu nutzen, ohne sie zu verstehen, ohne ihre Auswirkungen abschätzen zu können, ohne zu wissen, was wir da alles anstellen.

Das Problem? Alles hat zwei Seiten in diesem Universum, denn es ist erbaut aus Information. Und Information ist nun mal ein „Widerspruch“ in sich, das Veränderliche, das stabil ist, die Stabilität, die veränderlich ist.

Nichts in diesem Universum ist gut oder schlecht, das ist alles nur eine Frage des Blickwinkels – denn:

Physik der Information, ISBN 3-935031-03-3, Entstehungsgrund, S. 191:

„Eine Voraussetzung ist dabei implizit für jede Informationsverarbeitung gegeben – ihre endlichen Ressourcen zwingen sie immer, Auswahlen zu treffen, denn selbst die Mathematik vermag kein allmächtiges Axiomensystem zu erstellen. Jede Informationsverarbeitung braucht also ein Ziel als Positionierungselement in der Unendlichkeit der Details wie eine Boje im Meer – an dem sich die Masse erkennbarer Wertveränderungen teilt, um zu einer endlichen, verarbeitbaren Anzahl von Ereignissen reduziert zu werden.“

Auch Intelligenz, auch der Fleiß kann deshalb „schlecht“ sein – wenn du deine Kreativität, deine Neugierde auf Waffen anwendest, wendest du sie auf Zerstörung an, nicht auf Konstruktion. Du wendest sie auf den Untergang deiner Rasse an, nicht auf deren Fortbestand: Das ist nun mal „schlecht“, so evolutionär gesehen, während es für dich „gut“ sein kann, weil es dir Macht, Geld und Einfluss bringt – alles, was ein Alpha über Zukunft, Leben und seine eigene Familie setzt.

Familie, Fleiß...

„Mehr arbeiten, faules Deutschland“, mehr Gewinn für die Bosse, weniger Freizeit und Geld für dich, kleiner Untertan – das ist doch gerade der Slogan, den die gekaufte Presse gebetsmühlenartig in die Köpfe der Masse pflanzt.

Noch mehr arbeiten, noch weniger nachdenken?

Dieser Zusammenhang fiel mir früher schon auf, doch eher als „persönliche Schwäche“ – nach 8-9 Stunden täglich in der IT mit ihrer dauernden Anforderung, ständig neue Probleme auf die Schnelle zu lösen, war mir früher schon klar, dass ich nicht genügend Zeit/Hirn aufbringen würde, um die neuen Tendenzen in der IT zu erfassen, denn die ERP ist nun mal ein „altmodischer Haufen“. Andererseits war in den frühen 90er niemand klar, dass die Richtung auf Webservices und SOA gehen würde, da mussten einige technische Neuerungen mit einigen globalen Veränderungen zusammentreffen, um diesen Intelligenzschub einzufordern. Ich hatte solches vorhergesehen – das Unvorhersehbare – und wusste, dass ich mich umsehen musste, um es rechtzeitig zu erkennen.

Das freilich nur, weil ich „zu schwach“ war, täglich hochkonzentriert zu arbeiten und in der Freizeit dann noch die unendliche Masse von Neuerungen zu erforschen – und diese auch aktiv zu begreifen, sodass ich damit auch etwas anfangen konnte. Ich hielt dies für ein „persönliches Problem“ und war bereit, dies über „Investition“ zu „korrigieren“ – ich schaffte es seinerzeit, eine erhebliche Arbeitszeitverkürzung, bei entsprechender Lohnkürzung natürlich, für mich in Anspruch zu nehmen und die „gekaufte“ Zeit in modernes Wissen zu investieren.

Damit, so scheint mir, outete ich mich als Alien – ich bin nicht von dieser Welt, ist mir inzwischen klar geworden. Denn niemand braucht Leute, die selber denken oder gar bereit sind, sich nicht durch Geld erpressen zu lassen.

Genau das, was „normale“ Menschen nicht so einfach tun würden. „Normale“ Menschen tun nur, was sich lohnt – Intelligenz lohnt sich eben nur für Underdogs, wie der Spiegel so treffend schreibt. Von alleine ist niemand intelligent, das kostet zuviel Geld und Aufwand! Das tun wir nur, wenn wir müssen, nicht freiwillig.

Wir haben doch alle sooooviel zu tun! Zeitverschwendung ist da nicht inbegriffen.

Auch ein Grund, warum keiner weiß, was Information ist, denn über den eigenen Kochtopfrand hinauszusehen, ist viel zu aufwändig und der RoI erst! Du hast doch keine Ahnung, was es dir bringt, aufmerksam Neues zu verfolgen – Gewinne macht man nur durch Raub und Diebstahl, im besten Fall durch bezahlte Nötigung.

Kennen wir von unserer Lieblingsfirma, die Neulinge entweder frisst oder tötet – neue Ideen sollen andere ausprobieren, das kostet zuviel für die Gierschlünde. Erst wenn die Investition „Kreativität“ sich auszuzahlen beginnt, fallen wir drüber her und ernten die Lorbeeren: „Dummheit siegt“, weil Neugierde zu aufwändig ist – Spiegel.

Und genau dasselbe liefert unser Fleiß für die Bosse – wir schuften und schaffen und sie verbraten die Kohle und nicht nur das. Sie schlagen noch eine weitere Fliege mit dem „erbarmungslosen Erwerbsfleiß“ (Carl Amery): wir denken nicht mehr nach.

Wir sind zu müde dafür zu fragen, wozu das alles gut sein soll, wem denn das alles dient – wir sind zu ausgelaugt dafür, die Zukunft unserer Kinder zu gestalten, weil wir den heutigen Tag für sie bezahlen müssen und das möglichst teurer, als es der Nachbarvater tut: Kinder als Statussymbole. Wir schuften ohne Rücksicht auf Verluste - wie der Verhungernde, der den letzten Baum fällt.

Wir sind fleißig wie Ameisen und folgen blind unserer Königin – auch wenn es in Wahrheit eine Amazonen-Ameise ist, die uns nur für ihre Zwecke verwendet:

Physik der Information, ISBN 3-935031-03-3, Informationsverarbeitung, Realität und Rückkoppelungseffekte, S. 229:

„Auch wenn Ameisen nicht gerade das Paradebeispiel lernender Individuen sind, so genügt bereits ihre einfache Prägbarkeit, um sie zu „belügen“. Die Lüge ist dabei ganz wirklich, ist echte Information: Es ist die Chemie der Sklavenhalter, die ähnlich genug der der Sklaven ist, um in diesen Tieren über den Prägevorgang den Mechanismus der Dienstbarkeit auszulösen. Wobei dies eigentlich ein nützlicher, evolutionär entwickelter Mechanismus der Sklavenrasse ist, der die Ameisen zu einem Teil ihrer eigenen Gruppe machte und damit das Überleben der gesamten Art gewährleistete. Doch das Ziel der Sklaven war wie alle Ziele von lebendigen Informationsverarbeitungen das bestmögliche eigene Überleben und das der eigenen Art. Deshalb differenzierten sich die Ameisen in Königin, Soldatinnen und Arbeiterinnen, um sowohl dem einzelnen Individuum als auch der gesamten Art die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen, die Zeit zu überdauern. Die Sklavinnen dieser Amazonen-Ameisen jedoch sorgten für das Überleben einer anderen Art.“

Und wir, die arbeitende Bevölkerung, kann ihre Ameisenkönigin genauso wenig durchschauen wie diese Sklaven-Ameisen.

Und wir graben auf ihren Befehl uns eifrig durch den Damm, der uns vor dem Fluss schützt – wir sägen mit Fleiß und bis zur völligen Erschöpfung an dem eigenen Ast.

Müde und ausgelaugt von der täglichen Arbeit ist mir dies dennoch klar – auch wenn meine Energie nicht mehr reicht, um interessiert zu sein. Zu schachmatt, um die Zerstörung der eigenen Zukunft, den Tod des eigenen Kindes noch als „schockierend“ zu empfinden – wird schon alles nicht so schlimm kommen!

Ausreden, Ausflüchte, Feigheiten, Bequemlichkeiten - wie bei so vielen anderen, nicht wahr?

Wenn kümmert die Zukunft? Wird schon irgendwie gehen, ging doch bisher auch immer...

ging doch bisher auch immer...

und Papa, Priester, Arbeitgeber, Politiker beschwichtigen uns auch brav, weil es ihnen gut in den Kram passt, wenn die Arbeitsbiene nicht denkt, nur gehorcht im „Traum von Sicherheit“:

„Dass all unsere Stabilität, basierend auf dem Quantenrauschen, nichts weiter als die Gleichmäßigkeit stehender Wellen ist, die irgendwann wieder in sich zusammenfallen wie unser Universum oder der Golfstrom, tut uns so spürbar weh, dass wir nicht dran denken wollen.“

Nichts ist ewig in diesem Universum – und mir kommt es langsam vor, als wären wir die Ameisen, die das Ende der Fahnenstange „Menschheit“ erreichen werden. Wir haben auf Intelligenz und Kreativität, auf Lebensfreude und Respekt vor Flora und Fauna zugunsten des Bananenhaufen-Alphas verzichtet, anstatt unseren Geist zu pflegen, pflegten wir Gier.

Doch wen kümmert’s? Lass’ mich zufrieden mit all den Überschwemmungen, Riesenfeuern, Verwüstungen, Vergiftungen – ich will nur an mich denken, für mich alles billig kriegen und in Urlaub fahren, koste es für andere, was es wolle. Nach mir die Sintflut!

Das einzige, was mich in dem Zusammenhang mit zynischer Freude erfüllt ist, dass die Sintflut wahrscheinlich nicht mehr „nach diesen Schmarotzern“ eintrifft, sondern sie wenigstens mit vom Gesicht der Erde fegen wird.

Denn wir sind wirklich nichts weiter „als eine Viren-Krankheit“ für unsere schöne, blaue Mutter. Wir vermehren uns ungezügelt und fressen dabei unseren „Wirt“ auf – wie Krebszellen, wie Aids-Viren.

Aber eigentlich bin ich zu müde, mich darüber aufzuregen, dass in zehn Jahren meine schöne, freundliche Heimat nur noch sibirische Steppe sein könnte.

*Deaths from war as well as starvation and disease will decrease population size, which overtime,will re-balance with carrying capacity. Quelle (08.03.2004): http://www.ems.org/climate/pentagon_climatechange.pdf (914 KB)

18:19 Dixi: there is an end of the matter; everything that could be said has been said – for today


Blog

Archiv

Vorherige Einträge